DGU, 21.-24.September 2005, Düsseldorf Deutsche Gesellschaft für Urologie, Düsseldorf 2005

Praxis-Depesche 24/2005

Prostata-CA - Überdiagnostik?

Wie sinnvoll ist ein PSA-Screening zur Früherkennung des Prostatakarzinoms? Welche Behandlungsstrategien sind zu bevorzugen? Beim 57. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie wurden dazu neue Daten präsentiert.

Der PSA-Wert (prostataspezifisches Antigen) gilt als einer der besten Tumormarker überhaupt - allerdings sind viele andere weitgehend unbrauchbar. Der meist zugrunde gelegte Grenzwert von 4 ng/ml im Serum ist jedoch sehr unspezifisch, da die PSA-Werte auch bei Prostatitis oder benigner Prostatahyperplasie in ähnlichem Maße erhöht sein können. Das Problem des PSA-Tests ist, dass die Spezifität nur bei 30% liegt, so Prof. Georg Bartsch, Innsbruck. Deshalb werden viele Biopsien unnötig vorgenommen. Prof. Herbert Rübben, Essen, verdeutlichte dies an einem Zahlenbeispiel. Wenn sich eine Million Männer ab 45 Jahren im Rahmen der Prostatakrebs-Früherkennungsuntersuchung den PSA-Wert bestimmen ließen, hätten rund 200 000 (20%) einen Wert von über 4 ng/ml. Bei einer Biopsie würde dann bei 50 000 ein Prostatakarzinom festgestellt. Etwa 20 000 von ihnen würden von einer kurativen Therapie profitieren. Bei 150 000 Männern wäre die invasive Diagnostik überflüssig gewesen, betonte Rübben. "Diese Männer leben häufig in der Sorge, doch noch an Krebs zu erkranken." Außer dem Gesamt-PSA sollten auch die Anstiegsgeschwindigkeit der PSA-Werte sowie Unterformen wie komplexiertes PSA für die Früherkennung herangezogen werden, betonte Prof. William Catalona, Chicago. In den USA wird empfohlen, mit dem PSA-Screening bei Männern ab dem 40. Lebensjahr zu beginnen und bei Werten von mindestens 0,6 ng/ml - dem Mittel bei Mittvierzigern - regelmäßig die PSA-Spiegel zu kontrollieren. Eine Biopsie sollte bei einem jährlichen PSA-Anstieg von mindestens 0,4 ng/ml oder - bei Männern mit einem Gesamt-PSA über 4 ng/ml - von mindestens 0,6 ng/ml erwogen werden. Ein PSA-Anstieg von mehr als 0,5 ng/ml/Jahr ist unabhängig vom Ausgangswert ein gutes Kriterium für eine Biopsie, bestätigte Rübben. Er kann sich aber auch vorstellen, das Intervall von PSA-Testungen im Rahmen der Früherkennung auszudehnen und eine Verdopplung der Werte für eine Biopsie heranzuziehen. Dabei würden weniger Karzinome entdeckt, bei denen gar keine Therapie erforderlich ist. Rübbens Vorschlag: Die PSA-Werte sollten bei Männern im 40., 45. und 50. Lebensjahr und danach alle zwei Jahre bestimmt werden und eine Biopsie bei einer Verdoppelung der Werte gemacht werden. Die Zahl von Biopsien könne so um 25% und von Operationen um 12% verringert und dennoch die Rate Prostatakarzinom-bedingter Todesfälle um weitere 3% gesenkt werden. Wie wichtig Früherkennungsuntersuchungen sind, verdeutlichen die Erfahrungen aus einer Urologischen Gemeinschaftspraxis in Magdeburg. Nach Dr. T. Klatte wurde seit der Praxisgründung im Jahr 1993 bei 360 Patienten die Erstdiagnose Prostatakarzinom gestellt. Bei 259 Patienten (72%) waren verdächtige Befunde im Rahmen der Früherkennungsuntersuchung erhoben worden. Die Sensitivität der rektalen Untersuchung in Kombination mit dem PSA-Wert betrug 96%. Das Durchschnittsalter der Patienten (69 Jahre), die PSA-Werte (im Median 12,5 ng/ml) und die Karzinomstadien zum Zeitpunkt der Diagnose veränderten sich von 1993 bis heute kaum.

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