Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie, Stuttgart 2005

Praxis-Depesche 24/2005

Qualitätssicherung durch zertifizierte Brustzentren

Zum zweiten Mal fand die Jahrestagung gemeinsam mit den Fachgesellschaften aus Österreich und der Schweiz statt. Neben interdisziplinären Konzepten standen auch unterschiedliche nationale Behandlungsstrategien zur Diskussion.

Ein Schwerpunkt des Kongresses waren Einsatz und Nutzen neuer Techniken zur Früherkennung, wie etwa der Duktoskopie, mit der bei Auffälligkeiten auch Biopsien entnommen werden können. Das nächste Ziel ist, anhand der Bildgebung maligne von benignen Veränderungen unterscheiden zu können. Es gab auch ein Plädoyer für eine Kombination von Mammographie plus Ultraschall in der Vorsorge, um durch die kombinierte Sensitivität beider Techniken die Trefferrate zu erhöhen. Wichtigster Bestandteil der Früherkennung bleibt das Mammographie-Screening. Laut Prof. Ingrid Schreer, Kiel, besteht in der Fläche eine zu große Variabilität bei mammographierenden Radiodiagnostikern; es gibt zu wenige Spezialisten. Die Einhaltung der Qualitätskriterien, also Doppelbefundung, Dokumentation, regelmäßige Gerätewartung und Fortbildung, ist äußerst wichtig. Am Beispiel Schleswig-Holstein erläuterte sie, wie erfolgreich qualitätsgesicherte Mammographie-Diagnostik - QuaMaDi - sein kann. Mit diesem Programm wurden innerhalb von drei Jahren im Vergleich zum Krebsregister des Landes Schleswig-Holstein 20% mehr kleine Tumoren in frühen Stadien gefunden. Eine Zentralisierung der verschiedenen Disziplinen in Diagnostik und Therapie unter einem Dach verbessert die Langzeitergebnisse, wie Prof. Diethelm Wallwiener, Tübingen, erläuterte. Prof. Christian Menzel, Salzburg, beschrieb die Versorgungslandschaft in Österreich, das die höchste Anzahl von Patientinnen in klinischen Studien aufweist. Seine Salzburger Klinik zählt neben Innsbruck zu den ersten beiden von der EUSOMA zertifizierten Brustzentren in Österreich. In der Schweiz besteht nach Prof. Beat Thürlimann, St. Gallen, ein geringer Druck zur Zentralisierung, da die Heilungsraten im europäischen Vergleich hoch sind. Weit entwickelt sei in der Schweiz hingegen die Interdisziplinarität: Niemand nehme ein Skalpell in die Hand, bevor eine Patientin von einem Gynäkologen gesehen wurde. Die Fortschritte auf diesem Gebiet bezeichnete Prof. Walter Jonat, Kiel, als "Hot Topic" dieses Kongresses. Durch die Einführung molekularbiologischer Methoden in der Klassifikation von Tumoren eröffnen sich neue Perspektiven für Differenzialdiagnostik und maßgeschneiderte Therapie. Auch die Tumorzell-Dissemination beim Mammakarzinom wird neben der Immunzytochemie immer mehr mit molekularbiologischen Methoden untersucht. Die präoperative Chemotherapie zählte Wallwiener zu den zukunftweisenden Verfahren, deren Indikationen, Vor- wie Nachteile von den Experten erörtert wurden. Die neoadjuvante Chemotherapie kann Tumoren vor der OP zum Schrumpfen bringen, sodass die Brust eher erhalten werden kann. Neben der "Targeted Therapy" mit Herceptin zählte die Hormontherapie zu den vieldiskutierten Themen. Nach den durchschlagenden Erfolgen mit Tamoxifen werden nun für die Tumorbiologie maßgeschneiderte Konzepte der sequenziellen Therapie untersucht. Der optimale Einsatz von Aromatasehemmern, sequenziell nach Tamoxifen oder als First-line-Therapie, ist noch offen. Auch die Experten beantworteten die praktischen Fragen der Kollegen nach Empfehlungen sehr konträr. Auf diesem Feld laufen jedoch viele klinische Studien, mit denen geklärt werden soll, durch welche Therapiestrategie sowohl die Überlebensraten als auch die Lebensqualität der Frauen verbessert werden können. In der senologischen Radio-Onkologie wurde über verschiedene Techniken der Teilbrustbestrahlung diskutiert, wie unterschiedliche Fraktionierungsschemata, aber auch die Frage, wann eine Lymphabflussbestrahlung durchgeführt werden sollte. Eine Innovation ist das Verfahren der intraoperativen Radiotherapie. In Salzburg wird in einem Pilotprojekt jede Frau, die brusterhaltend operiert wird, nach der Entfernung des Tumors und einer Mobilisierung des umgebenden Gewebes direkt während der OP zum ersten Mal bestrahlt. Der Operateur kann dem Radiologen dabei besser zeigen, wo bestrahlt werden sollte. Auch in Tübingen wird in Kürze eine ähnliche Operationseinheit in Zusammenarbeit mit der Radiologie eröffnet werden.

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