Cholesterinsenkung

Praxis-Depesche 9/2022

Quo vadis, Statine?

Welchen Einfluss Statine auf Verlauf und Mortalität von COVID-19 haben, ist bislang nicht geklärt. Eine schwedische Kohortenstudie zog nun alle (SCIFI-PEARL-) Register, um möglichen Zusammenhängen auf die Spur zu kommen.
Statine werden in den Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) für Patient:innen mit kardiovaskulären Erkrankungen zur allgemeinen Risikoreduktion empfohlen. Der Haupteffekt beruht dabei auf der Absenkung des Cholesterinspiegels. Statine haben jedoch auch antiinflammatorische Effekte, nehmen Einfluss auf die Blutgerinnung und reduzieren Sauerstoffradikale. Auf der anderen Seite erhöhen Statine die Expression von ACE2-Rezeptoren, den Eintrittspforten von SARS-CoV-2, unter anderem in Lunge, Herz und Gefäßen. Dies gibt Anlass zur Annahme, dass Statine den Verlauf von COVID-19 verschlimmern könnten. Die Arbeitsgruppe um Ailiana Santosa an der Universität Göteborg in Schweden nutzte Daten von 572.695 Personen der nationalen SCIFI-PEARL Registerdatenbank, um herauszufinden, ob die Einnahme von Statinen Krankheitsrisiko, -schwere und -sterblichkeit von COVID-19-Erkrankten beeinflusst.
Es wurden die Gesamtkohorte, eine Kohorte mit gerade erst begonnener COVID-19-Erkrankung und eine hospitalisierte Kohorte hinsichtlich Statineinnahme, COVID-19-Diagnose und -verlauf untersucht. Informationen über die Statin-Medikation und Vorerkrankungen stammten aus dem schwedischen National Prescribe Drug Register und dem National Patient Register.
 
Protektiver Effekt der Statine
In allen drei Kohorten war die vorherige Einnahme von Statinen mit einem signifikant niedrigeren Risiko für einen positiven COVID-19-Test, eine COVID-19-Diagnose, Hospitalisierung und COVID-19 assoziiertem Tod verbunden. Die Ergebnisse stützen damit die Hypothese, dass sich die vielfältigen Effekte von Statinen nicht negativ, sondern protektiv auf das Fortschreiten und die Schwere der COVID-19-Erkrankung auswirken. Zum Beispiel lindern Statine das Zytokin-Freisetzungssyndrom, indem sie den Toll-like receptor 4 (TLR4) inhibieren, die Ma krophagenaktivität senken und weitere antiinflammatorische Effekte vermitteln. Auch könnten Statine den Eintritt und die Freisetzung von SARS-CoV-2 durch die Zellmembran stören, indem sie die Zusammensetzung der Plasmamembran durch ihre Cholesterin-senkenden Eigenschaften verändern. Des Weiteren gibt es Hinweise dafür, dass sich das Absetzen einer Statintherapie bei Eintritt der COVID-19- Erkrankung negativ auf die Prognose auswirkt. AAB
Quelle: Santosa A.: Protective effects of statins on COVID-19 risk, severity and fatal outcome: a nationwide Swedish cohort study. Sci Rep 2022; 12(1): 12047

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