Verminderte Aufnahme durch Ausschlussdiäten

Praxis-Depesche 11/2022

Reizdarm: Nährstoffdefizite drohen!

Wenn ein Nahrungsmittel Bauchschmerzen auslöst, meidet man es. Dieses verständliche Vermeidungsverhalten und das Entwickeln eigens konzipierter Ausschlussdiäten kann aber bei Patient:innen mit Reizdarmsyndrom (RDS) zu relevanten Nährstoffmängeln und damit zu Folgeerkrankungen führen. Subklinische Mängel sind besonders schwer zu erkennen. Deswegen ist es wichtig, RDSPatient: innen für dieses Thema zu sensibilisieren und rechtzeitig einzugreifen.
In der aktuellen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wird festgestellt: „Es können keine einheitlichen Ernährungsempfehlungen für alle Patient:innen mit einem Reizdarmsyndrom gegeben werden. Es gibt aber zahlreiche individuelle Ernährungsempfehlungen, die sich an den jeweiligen Symptomen orientieren.“ Und weiter: „Längerfristige Eliminationsdiäten sollten nur bei gesichertem Nachweis individueller Nahrungsmittelunverträglichkeiten und unter ernährungsmedizinischer/ernährungstherapeutischer Beratung und Kontrolle versucht werden. (...) Mangelernährung soll vermieden bzw. behandelt werden.“ Doch welche Mängel drohen Betroffenen konkret? Aufschluss gibt ein systematisches Review, in das zwölf Interventions- und 14 Beobachtungsstudien einbezogen wurden. Die Auswertung zeigte, dass RDS-Betroffene i. A. niedrigere Vitamin-B-, Zink-, Vitamin- D-, Kalzium- und Eisenspiegel aufwiesen als Personen ohne Reizdarmsyndrom. Es wurde auch deutlich, dass Ausschlussdiäten mit einer geringeren Aufnahme von Mikronährstoffen verbunden waren, vor allem von Vitamin A, Kalzium, Eisen und Zink. Am stärksten betroffen allerdings waren die Vitamine B2, B9 und B12, von denen die RDS-Patient:innen signifikant weniger durch die Ernährung aufnahmen.
 
Spezielle Diät, spezielle Mängel
In den untersuchten Arbeiten wurden die Auswirkungen von u. a. der Low- FODMAP-Diät (FODMAP = fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide und Polyole), der mNICE-Diät und der spezifischen Kohlenhydrat-Diät (SCD) dokumentiert. Die Aufnahme der Vitamine B1, B2, B9, Kalzium, Eisen und Magnesium verringerte sich nach einer Low- FODMAP-Diät. Die Kalziumaufnahme war bei der mNICE-Diät reduziert, und die Aufnahme der Vitamine B9 und D sank durch die SCD-Diät. Hinsichtlich anderer Mikronährstoffe fand man keine signifikanten Veränderungen gegenüber dem Ausgangswert. Deutlich wurde auch: RDS-Patient:innen hatten bereits vor Diätbeginn eine signifikant niedrigere Aufnahme der Vitamine B1, B2, B6, B9, Kalzium, Eisen, Magnesium und Zink.
 
Vitamin-D-Supplementierung
Sechs Studien zeigten, dass eine Vitamin- D-Supplementierung im Vergleich zu Placebo die Symptome des Reizdarmsyndroms wie Bauchschmerzen, Blähungen und allgemeine gastrointestinale Symptome lindern kann. Nach einer Vitamin- D-Supplementierung berichteten vier Studien über eine Verbesserung der Lebensqualität und drei Studien über eine Verbesserung der Schwere der IBS-Symptome.
In der Praxis lohnt es sich also, Patient:innen mit RDS individuell in Sachen Ernährung zu beraten und dabei aber auch die Versorgung mit Mikronährstoffen im Blick zu behalten. EG
Quelle: Bek S et al.: Association between irritable bowel syndrome and micronutrients: A systematic review. J Gastroenterol Hepatol 2022; Epub May 17; doi: 10.1111/jgh.15891
ICD-Codes: K58.9

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