KONTROVERSE: Medizinische Apps

Praxis-Depesche 10/2015

Segen oder Fluch?

Die Anzahl medizinischer Apps für Laien und Patienten steigt stetig an. „Das ist auch gut so“, meint ein Notfallmediziner und Medizinjournalist. „Von medizinischen Apps lieber die Finger lassen“, ist hingegen die Empfehlung eines Allgemeinarztes.

Kommentar

In Deutschland erstatten erste Krankenkassen die Kosten für Apps. Evidenzbasierte Nachweise zur medizinischen Wirksamkeit von Apps fehlen allerdings meist. Wie ist die Kostenübernahme seitens der Kostenträger dann eigentlich gerechtfertigt? Oder ist das alles vielleicht nur Marketing auf der Suche nach jungen gesunden Versicherten bzw. Mitgliedern?

Redaktion Praxis-Depesche
In der täglichen Praxis nimmt das Gespräch mit Patienten über Themen wie Gewichtsabnahme und Sport viel Zeit in Anspruch. Empfehlen Ärzte hingegen die Verwendung von Apps, kann das einen zeitsparenden und gesundheitserzieherischen Wert haben, meint Dr. Iltifat Husain, Notfallmediziner aus North Carolina (USA). Es gibt Studien die zeigen, dass ein Appbasiertes Gewichtsabnahmeprogramm besser funktioniert als eine herkömmliche Intervention. Insbesondere weil Menschen ihr Smartphone ständig bei sich tragen, können medizinisch erwünschte Verhaltensänderungen nachhaltiger umgesetzt werden. Ärzte sollten daher proaktiv mit Patienten über Medizin-Apps sprechen.
Dr. Des Spence, Allgemeinarzt aus Glasgow, kann an medizinischen Apps nur positiv finden, dass sie „wenigstens nicht schaden“. Aber höchstwahrscheinlich sind sie völlig nutzlos. Apps versprechen, z. B. die geistige Gesundheit zu fördern, Schlafprobleme zu lösen, Gewichtsverlust zu unterstützen und vieles mehr. Zusammen mit tragbaren Sensoren können sie Herzfrequenz messen, Blutdruck dokumentieren und sogar Pulsoyxmetrie betreiben. Das alles führt aber allenfalls zur Verunsicherung des Anwenders, der häufig noch gar kein Patient ist und den Spence einen „jungen, asymptomatischen Mittelklasse- Neurotiker“ nennt. Apps sind heutzutage meist ungetestet und unwissenschaftlich und führen zu Verunsicherung und Angst. CB
Quelle:

Husain I, Spence D: Can healthy people benefit from health apps? BMJ 2015; 350: h1887

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