SARS-CoV-2

Praxis-Depesche 7-8/2022

Seltene Erkrankungen erhöhen COVID-19-Mortalität

Die Datenlage zur COVID-19-assoziierten Sterblichkeit von Personen mit seltenen Erkrankungen ist mager. Eine Studie aus Großbritannien gibt dazu einen Überblick.
Die SARS-CoV-2-Pandemie hat allein bis September 2021 weltweit über 5 Millionen Todesfälle gefordert. Da es vielerorts noch zu Engpässen bei der Versorgung mit Impfstoffen kommt, ist es besonders wichtig, Patientengruppen mit erhöhtem Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf zu definieren und diese bei den Impfungen zu priorisieren. Ein besonderes Augenmerk sollte man dabei auch auf Patient:innen mit seltenen Erkrankungen legen.
 
Neurologische Diagnosen als besonderer Risikofaktor
Die Arbeitsgruppe identifizierte 283 Proband:innen aus dem Genomics England 100k Genomes Project, die in der ersten SARS-CoV-2 Welle z wischen d em 16.3. u nd 31.7.2020 m indestens einen positiven SARS-CoV-2-Test erhalten hatten. Darunter befanden sich 158 Patient:innen mit seltenen Erkrankungen sowie 125 nicht betroffene Verwandte, die als Kontrollpopulation dienten. Ein mit COVID-19 assoziierter Todesfall wurde definiert als ICD- 10 U07.1 und U07.2. In die statistische Analyse flossen außerdem allgemeine Risikofaktoren wie Alter, kardiovaskuläre Erkrankungen, Übergewicht und chronische Atemwegserkrankungen ein.
Das alleinige Vorliegen einer seltenen Erkrankung erhöhte das Risiko, an COVID-19 zu versterben, um mehr als das Dreifache (univariate Odds Ratio, OR 3,47; 95 %-KI 1,21 - 12,2). Dieser Unterschied zwischen den Gruppen war jedoch nicht mehr signifikant, wenn die Forschenden die Kohorte nach Alter und nach mit COVID-19 verbundenen Komorbiditäten stratifizierten. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Proband:innen mit seltenen Erkrankungen im Durchschnitt älter waren und häufiger an mit COVID-19 verbundenen Komorbiditäten litten.
Eine Subgruppe stellte sich als besonders risikobehaftet heraus: Patient:innen mit seltenen neurologischen Erkrankungen und neurologischen Entwicklungsstörungen waren besonders gefährdet, an COVID-19 zu versterben (multivariate Odds Ratio, mOR 4,22; 95 %-KI 1,60 - 11,08).
 
Impfpriorisierung bei seltenen Erkrankungen
Die Studienergebnisse leisten einen wertvollen Beitrag zum COVID- 19-Risikomanagement von Menschen mit seltenen neurologischen Erkrankungen und neurologischen Entwicklungsstörungen. Basierend auf den Ergebnissen sprechen sich die Autor:innen für eine Priorisierung von Impfungen und Boosterimpfungen in dieser vulnerablen Gruppe aus. AAB
Quelle: Zhang H et al.: Increased COVID-19 mortality rate in rare disease patients: a retrospective cohort study in participants of the Genomics England 100,000 Genomes project. Orphanet J Rare Dis 2022; 17(1): 166
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