Eine 22-jährige Frau kam mit Status epilepticus in die Klinik. Seit ihrem 16. Lebensjahr litt sie an seltenen epileptischen Anfällen, gegen die sie zweimal täglich je 20 mg Clobazam einnahm. Bei ihrer Einlieferung zeigte das EEG kontinuierliche rhythmische Spikes und Spike-wave-Komplexe im Frontallappen mit Rechts-Dominanz. Nachdem die Notfallbehandlung mit Lorazepam ohne Erfolg blieb, wurde eine 1000-mg-Phenytoin-Infusion über 20 Minuten gegeben und eine weitere 750-mg-Infusion über 24 Stunden. 40 Minuten nach Beginn der Phenytoin-Gabe waren die klinischen Epilepsie-Symptome verschwunden. Neun Stunden später kam es plötzlich zu einer schweren Hypoglykämie (unter 20 mg/dl), die sich mithilfe einer Glukose-Infusion rasch besserte. Daraufhin durchgeführte Tests gaben keinen Hinweis auf eine vorliegende Stoffwechselstörung.
Phenytoin bei Status epilepticus
Praxis-Depesche 23/2002
Seltene Nebenwirkung: nicht Hypo-, sondern Hyperglykämie
Die Gabe von Phenytoin bei Status epilepticus ist medizinischer Standard, die hyperglykämische Wirkung wohl bekannt. Ebenso wurde schon berichtet, dass sehr hohe Dosen gegenteilig, nämlich hypoglykämisch, wirken. Der Fall einer jungen Frau zeigt erstmals, dass bereits eine therapeutische Dosis Phenytoin einen bedrohlichen Blutzuckerabfall auslösen kann.
Quelle: Di Gennaro, G: Hypoglycaemia induced by phenytoin treatment for partial status epilepticus, Zeitschrift: JOURNAL OF NEUROLOGY, NEUROSURGERY AND PSYCHIATRY, Ausgabe 73 (2002), Seiten: 349