Drei Monate nach Beginn der Symptomatik wacht der Patient nachts auf, wegen erneuten starken, rechtsseitigen Bauchschmerzen. In einer späteren abdominellen Untersuchung fallen Loslassschmerz und Abwehrspannung auf. Die Herzfrequenz liegt bei 160, der Blutdruck bei 239/162. Neben der Sinustachykardie zeigt das EKG erhöhte R- und S-Amplituden in den präkordialen Ableitungen und unspezifische Repolarisationsstörungen. In einem weiteren EKG tritt ein ektoper Vorhofrhythmus in Erscheinung, mit vorzeitigen ventrikulären Kontraktionen in einer Frequenz von 66 pro Minute. Der EKG-Befund spricht für eine linksventrikuläre Hypertrophie. Die hypertensive Krise wird intensivmedizinisch behandelt und spricht gut auf Nitroglyzerin und das α- und β-Sympathikolytikum Labetalol an. In der ergänzenden Anamnese berichtet der Patient über Nachtschweiß und Hitzeintoleranz.
Die Haut erweist sich in der körperlichen Untersuchung als warm und schweißig. Auffällig im Laborbefund sind eine Leukozytenzahl von 27.140/ μl, ein Serumlaktat von 31 mg/dl (normal 5-18), ein Serumkreatinin von 1,64 mg/dl und ein Troponin T von 0,188 ng/ml (normal 0-0,014). Im Urin finden sich Spuren von Blut und Ketonen, im Sediment hyaline Zylinder bei ansonsten Normalbefund. In einer späteren Laboruntersuchung ist der Nüchternblutzucker auf 241 mg/dl erhöht.
Bei der weiteren Differenzialdiagnostik verfolgen die Autoren die Strategie, zunächst eine große Zahl von Differenzialdiagnosen auszuschließen, die nicht zum klinischen Bild des Patienten passten. Bezüglich der Hypertension zählen dazu beispielsweise chronische Nierenerkrankungen, Aortenisthmus-Stenose oder toxische Einflüsse. Posttraumatische und primäre Kopfschmerzarten wie Migräne oder Spannungskopfschmerz können ausgeschlossen werden, unter anderem wegen des Nichtansprechens auf Analgetika und Triptane.
Im nächsten Schritt versuchen die Behandler, den „Vordergrund“ hypertensiver Notfall, mit dem „Hintergrund“ Kopfschmerz in Einklang zu bringen. Dabei bleiben fünf mögliche Differenzialdiagnosen: Metabolisches Syndrom, Cushingsyndrom, Porphyrie, Hyperthyreose und Phäochromozytom oder Paragangliom.
Das klinische Bild passt am besten zu einer katecholaminproduzierenden Neoplasie. Von den fünf klassischen Befunden bei einem Phäochromozytom – Hypertonus, Kopfschmerz, Hyperglykämie, Hyperhidrosis und Hypermetabolimus – treffen die ersten vier genannten zu. Die Diagnosesicherung erfolgt bei dem Patienten in der Bildgebung und histologisch nach Resektion eines Phäochromozytoms. TH