Notfall-Beatmung mit dem Ambubeutel

Koronararteriendissektion

Praxis-Depesche 6/2021

Seltener Grund für Myokardinfarkt

Die spontane Koronararteriendissektion ist zwar insgesamt selten, bei Frauen unter 50 Jahren ist sie allerdings eine der Hauptursachen für Myokardischämien. Eine sorgfältige Diagnose ist entscheidend, da sich die Behandlung von der eines atherosklerosebedingten Herzinfarkts wesentlich unterscheidet.
Zu den wichtigsten Triggern einer spontanen Koronararteriendissektion (SCAD) zählen emotionaler und physischer Stress (z. B. starkes Erbrechen, Husten), der Konsum von Stimulanzien sowie hormonelle Veränderungen etwa im Rahmen einer Schwangerschaft. Die klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren spielen dagegen eine untergeordnete Rolle. Registerdaten zeigen eine hohe Prävalenz von begleitenden extrakoronaren Gefäßanomalien bei Betroffenen. Besonders oft findet sich eine fibromuskuläre Dysplasie, weshalb die SCAD möglicherweise deren Erstmanifestation ist. In mehr als 90 % der Fälle manifestiert sich die SCAD als Myokardinfarkt. Hauptsymptom sind Brustschmerzen bei bis zu 96 % der Erkrankten, oft begleitet von Dyspnoe und Schwitzen. Die Troponin-Werte sind nur bei etwa 30 % der Betroffenen erhöht. Basis der Diagnostik ist die Koronarangiographie. Primäres Unterscheidungskriterium in der angiographischen Klassifikation ist das Vorhandensein oder Fehlen eines Intimarisses. Im Gegensatz zum Management des atherosklerosebedingten Myokardinfarkts sollte bei klinisch stabilen Patient:innen mit SCAD eine medikamentöse Therapie bevorzugt werden. Sofern die Angiographie keine eindeutige Diagnose liefert, wird der Einsatz weiterer bildgebender Verfahren zur Klärung empfohlen. Die perkutane Koronarintervention bei SCAD ist mit einem schlechteren Behandlungserfolg verbunden als bei atherosklerotischen Läsionen. Aus diesem Grund sollte eine Revaskularisation SCAD-Patient:innen mit Hochrisikomerkmalen vorbehalten bleiben. Zu diesen zählen anhaltender Brustschmerz und progrediente Ischämie, klinisch signifikante ventrikuläre Arrhythmien, schwere proximale Dissektionen in mehreren Gefäßen und ein unzureichender distaler Flow. Zur medikamentösen Behandlung des akuten Herzinfarkts bei SCAD-Patient:innen werden Betablocker, Angiotensin- Rezeptorblocker und ACE-Hemmer eingesetzt. Brustschmerzen können noch lange nach einer SCAD auftreten, für die antianginöse Therapie kommen Nitrate, Kalziumkanal-Blocker und Ranolazin infrage. Zur Rezidivprophylaxe haben sich die Einnahme von Betablockern und eine regelmäßige Blutdruckkontrolle bewährt. Wurde im Rahmen der Infarktversorgung eine duale Plättchenhemmung initiiert, sollte diese nach bestätigter Diagnose der SCAD abgesetzt werden, da sonst das Risiko für eine Ausdehnung der Dissektion besteht. RG
Quelle: Kim ESH: Spontaneous Coronary-Artery Dissection. N Engl J Med 2020; 383(24): 2358-70
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