Zöliakie

Praxis-Depesche 11/2022

Seronegative Form verläuft aggressiver

Kennzeichnend für eine Zöliakie sind die Atrophie der Darmzotten und eine positive tTG/EmA-Serologie. Ein Teil der Betroffenen weist allerdings eine seronegative Form auf, die einer Studie zufolge aggressiver verläuft als die seropositive Form der Erkrankung.
Um die seronegative Ausprägung der Zöliakie besser charakterisieren zu können, wurde retrospektiv über einen Zeitraum von über 20 Jahren der Krankheitsverlauf von 227 Patient:innen mit bestehender Diagnose einer seronegativen Zöliakie untersucht. Inkludiert wurden nur HLADQ2/ DQ8-positive Patient:innen mit Zottenatrophie, negativen endomysialen IgA (EmA), Gewebetransglutaminase (tTG) und deamidierten Gliadin (DGP)-Antikörpern und Ansprechen auf eine glutenfreie Diät. Nur bei 84 der 227 Patient:innen (37 %) konnte die initiale Diagose einer echten seronegativen Zöliakie bestätigt werden, wohingegen sie bei 55 (24 %) ausgeschlossen wurde. Bei 48 (21 %) wurde eine Zöliakie mit IgA-Defizienz festgestellt. 40 Patient:innen (18 %) mussten aufgrund unklarer Diagnostik ausgeschlossen werden.
 
Später und intensiver
Den Phänotyp und Krankheitsverlauf der Patient:innen mit seronegativer Zöliakie verglich man mit dem von 2.084 Patient:innen seropositiver Erkrankung. Gegenüber der seropositiven Kontrolle wurde die seronegative Zöliakie oft erst in höherem Alter und mit heftigeren Symptomen diagnostiziert, und sie ging mit einem fast elfmal höheren Komplikationsrisiko (Hazard Ratio HR 10,87; 95 %-KI 6,11 - 19,33; p < 0,001) sowie einer mehr als doppelt so hohen Mortalität (HR 2,18; 95 %-KI 1,12 - 4,26; p < 0,01) einher. Die Zusammenhänge galten sowohl für Patient:innen mit echter seronegativer Zöliakie als auch für Zöliakie-Patient: innen mit IgA-Defizienz.
Ausschlaggebend für das Komplikationsrisiko war aber nicht allein die Serologie, sondern auch das Alter bei Diagnose (je später, desto ungünstiger) und fehlendes klinisches Ansprechen auf ein klassisches Erscheinungsbild der Erkrankung. Diese Faktoren sowie das Auftreten von Komplikationen sind auch wesentlich relevanter für das Mortalitätsrisiko als die Serologie.
Da die Serologie oft nicht mit Sicherheit korrekt diagnostiziert werden kann – immerhin war die Fehlerquote zum Diagnosezeitpunkt hier recht hoch – sollte man sich aus Sicht des Autorenteams nicht allzu sehr auf die serologischen Befunde verlassen. Stattdessen sollte man sich bei allen Zöliakie- Patient:innen in erster Linie auf die histologische Reaktion auf eine glutenfreie Diät konzentrieren. OB
Quelle: Schiepatti A et al.: Classification and long-term outcomes of seronegative coeliac disease: a 20-year multicentre follow-up study. Aliment Pharmacol Ther 2021; 54(10): 1278-9
ICD-Codes: K90.-

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