Jahrestagung der American Heart Association

Praxis-Depesche 1-2/2018

Sex und plötzlicher Herztod – neue Blutdruckgrenzwerte – Herz-Botox

Trotz frühlingshafter Temperaturen sorgte die Vielfalt der wissenschaftlichen Daten beim amerikanischen Kardiologenkongress für gefüllte Vortragssäle. Nachfolgend haben wir eine Auswahl der interessantesten Studien zusammengestellt.

Sex: keine Gefahr fürs Herz, auch bei kardialer Vorerkrankung Viele Patienten mit kardialen Vorerkrankungen befürchten, sich durch sexuelle Aktivität in Lebensgefahr zu bringen. Dass diese Angst meist unbegründet ist, zeigte die Studie Oregon SUDS (Sudden Unexpected Death Study), in der 4500 Fälle von plötzlichem Herzstillstand genauer unter die Lupe genommen wurden: Nur bei 34 von diesen Fällen trat der plötzliche Herztod im Zusammenhang mit sexueller Aktivität vor dem Tod auf (0,7%). Damit ist Sex nur für einen Todesfall von 100 Fällen des plötzlichen Herztods bei Männern und für einen von 1000 Fällen bei Frauen verantwortlich. In die Analyse, die als Poster vorgestellt und zeitgleich als „Research Letter“ im Journal oft the American College of Cardiology publiziert wurde, gingen Daten von Personen mit Wohnsitz in Portland ein, die zwischen 2002 und 2012 einen plötzlichen Herzstillstand erlitten. Im Vergleich zu den anderen Personen mit Herzstillstand waren die 34 Patienten, bei denen dieses Ereignis in Zusammenhang mit einer sexuellen Aktivität stand, jünger (mittleres Alter 60 vs. 65 im Gesamtkollektiv), eher männlich (94% versus 68%) und häufiger Afroamerikaner (19% versus 8%). 29% der Patienten hatten eine koronare Herzerkrankung, 26% eine symptomatische Herzinsuffizienz, und die meisten nahmen aus diesem Grund Arzneimittel ein. Im Vergleich zu einem Herzstillstand anderer Genese wiesen Patienten mit einem sexbedingten Herzstillstand häufiger eine Tachykardie oder ein Kammerflimmern auf. Besonders tragisch: Viele der Betroffenen hätten gerettet werden können, wenn ihre Sexpartner in der Lage gewesen wären, eine kardiopulmonale Reanimation durchzuführen. Doch nur bei einem Drittel der Fälle wurden Wiederbelebungsmaßnahmen überhaupt durchgeführt. „Wir müssen unsere Bemühungen fortsetzen, die Öffentlichkeit über die Wichtigkeit der kardiopulmonalen Reanimation bei plötzlichem Herzstillstand aufzuklären, selbst in einer solch besonderen Situation“, erklärte Studienerstautor Prof. Sumeet S. Chugh, Cedars-Sinai Medical Center Los Angeles. Hoher Blutdruck jetzt ab 130 mmHg Im Rahmen des AHA-Kongress haben die beiden Kardiologenvereinigungen Amerikas, American Heart Association (AHA) und American College of Cardiology Guidelines (ACC), ihre aktualisierten Hypertonie-Leitlinien vorgestellt: Die entscheidende Änderung: Als „hoch“ werden jetzt bereits Blutdruckwerte ab 130/80 mmHg klassifiziert, im Gegensatz zu der früheren Grenze von 140/90 mmHg. Bei den meisten Patienten sollen künftig Blutdruckwerte auf unter 130/80 mmHg gesenkt werden. Im Rahmen einer Pressekonferenz erklärte Dr. Paul K. Whelton, Tulane University New Orleans und Erstautor der neuen Guidelines: „Das Ziel war es, eine umfassende Richtlinie für die Diagnose, Prävention, Evaluation, Behandlung, und – besonders wichtig – Strategien zu entwickeln, um die Kontrollraten bei der Behandlung zu verbessern.“ Mit den noch niedrigeren Werten soll erreicht werden, früher therapeutisch tätig zu werden, wobei dies nicht unbedingt gleich medikamentös sein muss. Denn schon zwischen systolischen Druckwerten von 130 bis 139 mmHg droht eine erhebliche Zunahme von kardiovaskulären Komplikationen. Wie bisher gelten Werte bis 120/80 mmHg als normal. Systolische Werte zwischen 120 und 129 mmHg werden nun als „erhöht“ bezeichnet, der früher verwendete Begriff „Prähypertonie“ entfällt. Therapeutisch werden von 120 bis 129/>80 mmHg nicht-pharmakologische Interventionen empfohlen. Dasselbe gilt auch zwischen 130 bis 139/80 bis 89 mmHg, aber ohne manifeste kardiovaskuläre Erkrankung. Alle anderen sollten bereits mit diesen niedrigen Werten eine blutdrucksenkende Medikation erhalten. Whelton zufolge erhöht sich durch die neuen Grenzwerte die Anzahl der Hypertoniker in den USA von 31,9% auf 45,6%. Botulinumtoxin wirkt nicht gegen Vorhofflimmern Botulinumtoxin-Injektionen (BTX) in die epikardialen Fettanteile erwiesen sich als nicht erfolgreich, um Vorhofflimmern im Anschluss an eine kardiale Operation zu stoppen: Dies zeigte eine Studie an 130 Patienten, von denen 63 mit BTX-Injektionen und 67 mit Kochsalzinjektionen (Plazebogruppe) behandelt wurden. Eine Woche nach einem herzchirurgischen Eingriff wiesen 36,5% der Patienten, die mit BTX-Injektionen behandelt wurden, Vorhofflimmern auf – im Vergleich zu 47,8% der Patienten, die mit Plazebo behandelt wurden. Diese 11%ige Absenkung des absoluten Risikos verfehlte jedoch statistische Signifikanz (p=0,18). Wie Dr. Nathan Waldron, Duke University Medical Center Durham ausführte, erlebten Patienten, die mit den BTX-Injektionen behandelt wurden, eine kürzere Dauer ihrer ersten Episoden von Vorhofflimmern, allerdings gab es keinen Unterschied bezüglich des gesamten Auftretens an Vorhofflimmern. Trotz des negativen Studienergebnisses zeigt sich doch ein Trend zugunsten der Injektionen und Waldron plant jetzt eine größere Studie mit mehr Patienten. SK

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