Ein transienter monokularer Visusverlust ist ein in der Praxis häufig geschildertes Beschwerdebild – oft bestehen thromboembolische Ursachen. Nicht so bei den beiden hier vorgestellten Fällen.
Eine 22-Jährige klagte über seit Monaten bestehende Verschlechterungen des Visus des rechten Auges bei Nacht. Man untersuchte das Auge, die Gefäße, Vitamin A, per MRT, Echokardiographie und Thrombophilie-Screening – alles ohne auffällige Befunde. Die zweite Patientin, eine 40- Jährige, litt an einer monokularen Visusverschlechterung von jeweils bis zu 15 Minuten während des Spazierengehens. Auch hier waren alle Untersuchungsbefunde unauffällig. Erst später fand man heraus, dass die Beschwerden stets auftraten, nachdem die Patientinnen länger auf ein Smartphone-Display geschaut hatten (bei der ersten Patientin typischerweise während sie nachts auf dem Bett lag und das kontralaterale Auge vom Kissen bedeckt war; die zweite Patientin hatte während des Gehens länger auf das Display geschaut).
Die Autoren wagten einen Selbstversuch: Sie blickten eine definierte Zeit mit einem Auge auf ein Smartphone-Display, welches in Armabstand gehalten wurde, und maßen danach die Retina- Sensitivität (psychophysikalisch und elektroretinographisch). Die Retina-Sensitivität zeigte sich nach der Lichtexposition signifikant verschlechtert, was dem bekannten Lichtadaptationsmechanismus der Retina entsprach (über Photopigment-„ Bleichung“). Guckt man also mit nur einem Auge auf Smartphone-Displays, kann danach eine einseitige vorübergehende subjektive Sehverschlechterung auftreten. CB