Kognition im Alter

Praxis-Depesche 4/2015

Sozialkontakt ist nicht immer förderlich

Dem Pflegen sozialer Kontakte im Alter wird ein neuroprotektiver Effekt zugeschrieben. Jedoch können enge Beziehungen auch als aufdringlich und freiheitsraubend empfunden werden. In diesem Fall wird die kognitive Alterung sogar noch beschleunigt.

Inwiefern die Art des sozialen Umfeldes auf den kognitiven Verfall im frühen Alter Einfluss nehmen kann, wurde im Rahmen der Whitehall- II-Studie analysiert. Über 5800 Teilnehmer zwischen 45 und 69 Jahren wurden zwischen 1985 und 1988 körperlich untersucht und zu ihren sozialen Beziehungen befragt. Dabei wurden sowohl negative Aspekte wie Sorgen, Probleme und Stress, als auch positive Aspekte wie emotionale Unterstützung und praktische Hilfeleistung berücksichtigt. Ergänzt mit kognitiven Tests zum verbalen Kurzzeitgedächtnis, zur Sprachkompetenz und Teil 1 des Alice-Heim-4- Tests wiederholte man den Check-Up 1998, 2008 und 2013 (± 1 Jahr).
Teilnehmer, die überwiegend negative Erfahrungen im Sozialkontakt angaben, zeigten eine schnellere Abnahme der kognitiven Exekutivfunktion. Der geschätzte Unterschied in der Alterungsrate lag bei -0,04 (oberes vs. unteres Terzil; 95% KI -0,08 bis -0,01). Das entspricht bei einem 60-Jährigen einem zusätzlichen Jahr an kognitivem Verfall. Der Zusammenhang blieb selbst unter Berücksichtigung von soziodemographischen und Gesundheitsfaktoren signifikant. Einen förderlichen Effekt von positiven Beziehungen fand man hingegen nicht. OH
Quelle:

Liao J et al.: Negative aspects of close relationships as risk factors for cognitive aging. Am J Epidemiol 2014; 180(11): 1118-25

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x