European Stroke Conference, Wien, 24. bis 27. Mai 2000

Praxis-Depesche 22/2000

Strategien gegen die Folgen des Schlaganfalls

Apoplexien sind in den Industrieländern die dritthäufigste Todesursache und der häufigste Grund für Invalidität. Dies will man durch verbesserte Akuttherapie und Rehabilitation ändern.

Um den akuten Schlaganfall möglichst rasch und kompetent zu behandeln, wurden in den letzten Jahren sog. Stroke Units geschaffen. Die Sterberate der Patienten, die in den ersten vier bis sechs Tagen in diesen Spezialeinrichtungen behandelt werden, liegt deutlich niedriger als die von in konventionellen Krankenhäusern behandelten Patienten. Eine dänische Studie (H. S. Jorgensen et al., Kopenhagen) zeigte, dass jeder Schlaganfallpatient in der Stroke Unit besser aufgehoben ist, nicht nur besondere Risikopatienten. Bei allen Patienten konnten die Risiken für Frühmortalität, schlechten Verlauf, Ein- und Fünfjahres-Mortalität - unabhängig von Alter, Geschlecht, Schweregrad des Schlaganfalls und Komorbidität - um ca. 40% gesenkt werden. Es ist demnach zu wünschen, dass mehr solche Einrichtungen entstehen. Der Rehabilitation kommt im Gesamtkonzept der Schlaganfalltherapie wachsende Bedeutung zu. Erst in den letzten Jahren wurde erkannt, welche Chancen die hohe neuronale Plastizität des Gehirns bietet. Es kann sich durch Neuordnung der neuronalen Netzwerke und Reorganisation der Hirnfunktionen erstaunlich gut an die durch den Schlaganfall veränderten Verhältnisse anpassen. Dieser Prozess kann z. B. durch sensorische Stimulation (Berührungsreize) in der Frühphase nach dem Schlaganfall gefördert werden, wie J. Bogousslavsky, Lausanne, berichtete. Die Evaluation solcher Verfahren findet sich noch in der Erprobungsphase. Physio-, Logo- und Beschäftigungstherapie stehen in späteren Stadien im Mittelpunkt des Rehabilitationsprogramms. Die Behinderung nach dem Schlaganfall ist keinesfalls schicksalhaft. In einer kontrollierten Studie aus England (M. Walker et al., Nottingham) wurde der Effekt einer Beschäftigungstherapie an 185 Patienten über ein Jahr untersucht. Signifikante Vorteile fanden sich für die Interventionsgruppe im EADL-Score (Extended Activities of Daily Living) und im Barthel-Index, nicht jedoch im GHQ28 (General Health Questionnaire). Eine randomisierte kontrollierte neuseeländische Studie an 86 Schlaganfallpatienten (C. Mhurchu et al., Auckland) zeigte, dass eine Rehabilitation unter Anleitung geschulter Therapeuten zu Hause in der gewohnten Umgebung des Schlaganfall-Patienten ebenso erfolgreich ist wie im Krankenhaus, aber deutlich kostengünstiger. Die Kehrseite der Medaille: Pflegende Angehörige waren einer erheblich stärkeren mentalen Belastung ausgesetzt. Die bildgebende Diagnostik bei Schlaganfallpatienten hat vor allem durch Kernspin und Ultraschall große Fortschritte gemacht. Die MRT erlaubt heute, innerhalb von 20 Minuten den Infarktkern, der irreversibel geschädigt bleiben wird, von der noch zu rettenden minderdurchbluteten Zone der Penumbra abzugrenzen. Hochauflösende Ultraschall-Techniken dienen zum einen der Verlaufsdiagnostik nach dem Schlaganfall. Ohne großen Aufwand können damit minderdurchblutete Gehirnareale erkannt werden. Zum anderen hilft die Sonographie, atherosklerotische Gefäßverengungen genau zu quantifizieren, erklärte M. Hennerici, Mannheim. Eine Studie der Aachener Universität (C. Klötzsch et al.) fand eine Korrelation zwischen dem Ergebnis der farbkodierten 3D-Sonographie und der digitalen Subtraktionsangiographie bei hochgradigen Stenosen der A. carotis interna. Die 3D-Sonographie liefert dem Gefäßchirurgen wertvolle Zusatzinformationen. Eine stark reduzierte Reaktivität der A. cebebri media im transkraniellen Doppler auf Provokation durch Beatmung mit 8% Kohlendioxid scheint bei Patienten mit Karotisstenosen und -okklusionen hohen prädiktiven Wert für das Auftreten von Schlaganfällen und TIAs zu besitzen, wie eine prospektive Untersuchung aus London zeigt (M. Cullinane et al.).

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