Praxistipp

Praxis-Depesche 5/2021

T2D: Sechs Subtypen identifiziert

Menschen mit Prädiabetes bilden offenbar keine homogene Gruppe, sondern unterscheiden sich in Bezug auf Risikofaktoren, Krankheitsentstehung und Prognose. Das ist das Ergebnis einer neuen Langzeitstudie, in der ein Team vom Universitätsklinikum Tübingen sechs Subtypen von Prädiabetes beschrieben hat.
Aktuell basiert die Diagnose eines Prädiabetes meist alleine auf den Blutzuckerwerten. Dass diese Definition allerdings zu kurz greifen könnte, lassen die Daten einer im Fachmagazin Nature Medicine publizierten Studie vermuten. Das Fazit: Für eine möglichst genaue Vorhersage einer späteren Manifestation von Typ-2-Diabetes und möglichen Begleiterkrankungen, bedarf es mehr als dem Glucosespiegel.
Die Studie umfasste knapp 900 Erwachsene mit gesteigertem Diabetesrisiko, deren Daten im Rahmen der Tübinger Familienstudie und des Tübinger Lebensstilprogramms erhoben worden waren. Über einen Zeitraum von bis zu 16 Jahren wurden die Studienteilnehmer:innen regelmäßig klinisch, laborchemisch sowie in der Kernspintomographie untersucht. In der Auswertung zeigten sich bei den Proband:innen sechs Subtypen mit unterschiedlichen metabolischen Charakteristika und Krankheitsverlauf. Personen, die dem Subtyp 5 angehörten, hatten das höchste Diabetesrisiko, waren adipös, insulinresistent und zeichneten sich durch eine ausgeprägte Fettleber aus.
Auch in Cluster 3 war das Diabetesrisiko hoch, charakteristisch waren eine niedrige Insulinsekrektion und eine starke genetische Komponente. Zwar bestand in Cluster 6 nur ein moderates Diabetesrisiko bei geringer erblicher Veranlagung und insgesamt niedrigeren Blutglucosespiegeln, dennoch war in dieser Subpopulation die Gefahr einer chronischen Nierenerkrankung und die Gesamtmortalität am höchsten. Die häufigen Nierenbeeinträchtigungen in dieser Gruppe könnten laut den Autor:innen eine Folge des höheren Anteils an renalem Sinusfett sein. Im Gegensatz zu den Subtypen 3, 5 und 6 wurden bei den Personen in Cluster 4 trotz Adipositas bessere Blutzuckerwerte und ein geringeres Diabetes-Risiko beobachtet. Grund war vermutlich der höhere Anteil an metabolisch günstigerem Unterhautfett. Auch bei Personen der Cluster 1 und 2 war die Diabetesinzidenz niedrig.
Somit haben nur Personen in den Clustern 3 und 5 ein unmittelbares Diabetesrisiko und könnten demnach von frühzeitigen Lebensstilinterventionen besonders profitieren. Bei Menschen mit den Merkmalen von Cluster 6 sind die Blutzuckerwerte oft weniger auffällig, weshalb das Risiko einer Unterdiagnose höher ist. Um jedoch eine Nierenschädigung zu verhindern und das Gesamtsterberisiko zu senken, sollten in dieser Gruppe auch bei einer langsamen Stoffwechselverschlechterung Präventionsmaßnahmen in Betracht gezogen werden. RG
Quelle: Wagner R et al.: Pathophysiology-based subphenotyping of individuals at elevated risk for type 2 diabetes. Nat Med 2021; 27(1): 49-57

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