2016 verklagte die US-Amerikanerin July Dotel die Handelskette Walmart wegen Geschlechterdiskriminierung, nachdem ihr Vorgesetzter ihr gegenüber geäußert hatte, „Frauen seien zu nichts zu gebrauchen“. Das Gericht ließ die Klage jedoch fallen – schließlich war der Beschuldigte auch gegenüber männlichen Kollegen häufig ausfallend geworden. Der Fall Dotel macht deutlich, wie schnell offen sexistisches Verhalten missinterpretiert werden kann. Ein Mann, der sich frauenfeindlich verhält, wird als weniger Frauen diskriminierend wahrgenommen, wenn er sich auch gegenüber anderen Männern ungebührend äußert.
Dieser Maskierungseffekt konnte auch in einer Studienreihe nachgewiesen werden. Dabei legte man 4.663 Angestellten und Berufsschülern verschiedene Beispiele Frauen diskriminierender Aussagen vor – neben erfundenen Szenarien aus dem Berufsalltag waren auch Tweets des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump darunter. Die Teilnehmer:innen sollten angeben, inwieweit sie die Aussagen als sexistisch einstuften. Wer nur die frauenfeindlichen Aussagen las, bewertete diese als eindeutig sexistisch. Wurden darunter auch unhöfliche (nicht auf das Geschlecht bezogene) Aussagen derselben Person gemischt, die sich gegen Männer richteten, wurden die gleichen frauenfeindlichen Beispiele aber als weniger sexistisch wahrgenommen. Der Maskierungseffekt gibt nicht nur Tätern falschen Schutz, er kann auch verhindern, dass Gegenmaßnahmen ergriffen werden. So hielten weniger der Befragten eine Schulung gegen Sexismus am Arbeitsplatz für angebracht, wenn der Täter sich nicht nur frauenfeindlich verhielt, sondern auch Männer beleidigte. OB