Bei dem Patienten war fünf Tage zuvor plötzlich ein schmerzfreier Visusverlust am linken Auge eingetreten. Die augenärztliche Untersuchung ergab einen Visus von beidseits 20%.
Die Spiegelung des Augenhintergrunds zeigte rechts eine hyperämische Schwellung des Sehnervs und links einen zentralen Retinaverschluss. Die Fluoreszenz-Angiographie ergab beidseitige Füllungsdefekte im Makula-Bereich. Des Weiteren fanden sich eine Einengung der Carotis interna links sowie multiple kleine Hirninfarkte. Im Liquor war der Eiweißgehalt stark erhöht bei einem normalen Liquordruck. Es wurde die Diagnose „POEMS“ gestellt.
Typisch für das POEMS-Syndrom ist das gleichzeitige Auftreten von zerebralen und okulären Infarkten. Dabei handelt es sich um eine VEGF-induzierte kraniale Vaskulopathie, die mittels moderner Bildgebung nachgewiesen werden kann. Es stellt eine Plasmazell-Erkrankung dar und hat Ähnlichkeiten mit einem multiplen Myelom.
Das POEMS-Syndrom kann auch als paraneoplastisches Syndrom auftreten. Bei dem Patienten fanden sich zusätzlich folgende Befunde: Polyneuropathie, Erhöhung der Lambda-Leichtketten, erhöhte Spiegel von VGEF, Hepatomegalie, sklerotische Läsionen an den Wirbelkörpern und Thrombozytose. Die Nervenbiopsie bestätigte die Polyneuropathie mit Nachweis von VGEF.
Es wurde eine Therapie mit acht Zyklen Bortezomib, Cyclophosphamid und Dexamethason eingeleitet. Darunter bildeten sich die Polyneuropathie und die Thrombozytose deutlich zurück, doch der Visusverlust blieb. Als weitere Therapie kann eine Stammzelltransplantation erwogen werden. PS