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63. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin

Praxis-Depesche 4/2023

Viel Bewegung im Asthma-Management, Stillstand bei der COPD

Unter dem Motto „Pneumologie – digital und empathisch“ diskutierten Expertinnen und Experten auf dem diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) über aktuelle Herausforderungen ihres Fachgebietes. Bahnbrechend sind die Neuerungen der Asthma-Leitlinie, die grundlegende Veränderungen im Management der Erkrankung mit sich bringen. Ernüchternd ist dagegen die Forschung zur COPD. Grund zur Hoffnung gibt es aber trotzdem.

Prof. Marek Lommatzsch, Rostock, stellte die neue fachärztliche Asthma-Leitlinie vor. Die neu aufgenommenen Kapitel zu Asthma und Psyche sowie zu digitalen Unterstützungssystemen bei der Diagnostik und Therapie von Asthma sind die wesentlichen Änderungen in der inhaltlichen Struktur der Leitlinie. Hilfreich für den Praxisalltag, vor allem auch hinsichtlich der Beratung jüngerer Patient:innen, ist der Abschnitt zum Thema Asthma und Berufswahl, in dem konkret Berufe mit geringem, abschätzbarem oder hohem Risiko bei Allergien der Atemwege und Asthma aufgeführt sind.

FeNo diagnostisch wegweisend

Leitlinie deklariert die Messung der Atemwegsinflammation anhand des fraktionierten exhalierten Stickstoffmonoxids (FeNO) in der pneumologisch-fachärztlichen Praxis als unverzichtbar für die Asthma-Diagnostik, obwohl diese Untersuchung eine individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) ist. Das sei ein klarer Aufruf zum Ausüben von Präzisionsmedizin, betonte Lommatzsch. Im diagnostischen Algorithmus für Erwachsene kommt der Messung von FeNO, aber auch der Bestimmung der Typ-2-Biomarker daher eine entscheidende Bedeutung zu.

Die Diagnostik von Asthma bei Kindern gestaltet sich wesentlich komplexer – sie basiert auf einem Erkennen von Mustern. Die neue fachärztliche Leitlinie enthält aus diesem Grund Diagnostikbausteine bei Verdacht auf eine Asthma-Erkrankung bei Kindern. Im vorgeschlagenen Dia- gnose-Algorithmus für Kinder kommt der Bestimmung des FeNO eine noch größere Bedeutung zu als beim Erwachsenen-Algorithmus.

Ziel ist die Remission

Das kurzfristige Therapieziel ist weiterhin die Kontrolle der Erkrankung, während langfristig eine Asthma-Remission anzustreben ist. „Wir sind die allererste Leitlinie weltweit, die das klinische Ziel einer Remission ausgerufen hat“, so Lommatzsch. Moderne medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten des Asthmas haben diesen ambitionierten Schritt ermöglicht.

Weiterhin solle in jeder Therapiestufe (1–5) bei einem allergischen Asthma, unter Berücksichtigung bestimmter Kriterien und Kontraindikationen, eine Allergenimmuntherapie in Betracht gezogen werden. Entscheidend ist außerdem das Signal, dass die inhalativen Kortikosteroide (ICS) in niedriger Dosierung als antiinflammatorische Strategie auch bei Patient:innen mit leichtem Asthma so früh wie möglich eingesetzt werden. „Die ICS sind der Haupttreiber für die sinkende Mortalität bei Asthma-Erkrankungen“, erklärte Lommatzsch. Bei ausbleibendem therapeutischen Ansprechen empfehlen die Autor:innen der Leitlinie eine ICS/ LABA-Fixkombination.

Weitere wichtige Neuerungen in der überarbeiteten Leitlinie betreffen die initiale Biologika-Auswahl, die Definition von schwerem Asthma und den Umgang mit Nebenniereninsuffizienz unter Steroidreduktion.

COPD: Prävention ist unumgänglich

Aufgrund des Stillstandes bei der Entwicklung neuer Medikamente zur COPD- Therapie kommt der Prävention eine enorm hohe Bedeutung zu. Bei einem routinemäßigen Check-up sollte es selbstverständlich sein, eine Spirometrie durchzuführen – auch bei der Untersuchung von jungen Patient:innen. Eine frühe Diagnosestellung erlaubt ein Eingreifen in die vielen unterschiedlichen Prozesse, die für die Entwicklung einer COPD eine Rolle spielen (z. B. sedentärer Lebensstil, Tabakkonsum, Komorbiditäten, Entzündungsprozesse, Obstruktion).

Neue Schweregradeinteilung von Exazerbationen

„Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung bezüglich der Therapieentwicklung wäre eine neue Einteilung von Exazerbationen bei COPD. Die bisherige Schweregradeinteilung ist völliger Nonsens“, so Prof. Robert Bals, Homburg. Verschiedene Leitlinien-Gremien fassen bereits eine Einteilung auf Grundlage der Bestimmung physiologischer Parameter ins Auge. Das könnte eine geeignetere Basis für die Entwicklung neuer Therapien darstellen.

Behandlung von COPD: Paradigmenwechsel gefragt

Neue therapeutische Möglichkeiten zur Behandlung von COPD werden dringend benötigt. Ein Lichtblick sind die neuesten Erkenntnisse zum pulmonalem Mikrobiom, das bei COPD-Patient:innen häufig verändert ist. Die Forschung zu regenerativen Therapien von Lungengewebe steckt zwar noch in den Kinderschuhen, könnte aber in einigen Jahren wichtige neue Erkenntnisse liefern. Da es einen engen Zusammenhang zwischen COPD und Altern gibt, könnte der Einsatz von Senolytika eine weitere therapeutische Stellschraube sein. Dennoch warnte Bals davor, in Anbetracht der zögerlichen Entwicklungen einem Nihilismus zu verfallen: „Es gibt belastbare Daten, dass viele der zur Verfügung stehenden pharmakologischen und nicht pharmakologischen Therapien die Mortalität senken. Wir können den Menschen also in der Tat helfen.“

Quelle: 63. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP)
ICD-Codes: J44 , J45
Urheberrecht: DGP e.V.
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