Teil 2: Diagnose und Therapie

Praxis-Depesche 9/2012

Vom einfachen Arzneimittelexanthem bis zur schweren Hautreaktion

In seiner Übersichtsarbeit hat ein Harvard-Dermatologe Häufigkeit und Pathophysiologie Arzneimittel-bezogener exanthematöser Eruptionen erörtert und wichtige Diffenzialdiagnosen angesprochen (Teil 1). Es folgen weitere Angaben zur Diagnostik, Darstellung schwerer Hautreaktionen und Hinweise zu Therapie und Rückfallgefahr.
Praxisfazit
Schwere Arzneimittel-Hautreaktionen

Drug Rash with Eosinophilia and Systemic
Symptoms (DRESS):
Ausgedehnter Aus-
schlag (über 50% der Körperoberfläche), oft
exanthematös und stark entzündet, andere
morphologische Merkmale möglich inkl. Ery-
throderma, Gesichtsödem und -erythem.
Exanthematöse Eruption kann purpuraartig
werden, bes. an Unterschenkeln. Schleim-
hautbeteiligung ist nicht häufig. Ausschlag
beginnt oft mehr als 14 Tage nach erster
Dosis, besonders bei Antiepileptika, sonst
meist nach vier bis 21 Tagen. Temperatur
über 38,5 °C, Unwohlsein, Lymphadenopa-
thie, Beteiligung mindestens eines inneren
Organs, Leber (in über 80%), Niere, Muskel,
Lunge, Herz, Pankreas. Eosinophilie, Lym-
phozytose oder -penie, atypische Lymphozy-
ten, Thrombopenie, gleichzeitige Aktivie-
rung latenter oder neuer HHV6-Infektion
häufig. Per Definition Arzneimittel-bezogen.
DD: SLE; Mykoplasmen, Virushepatitis, Mo-
nonukleose und andere Infektionen


Stevens-Johnson-Syndrom und toxische
epidermale Nekrolyse (SJS-TEN)*:
schwere
akute Blasenbildung, initial kann der Aus-
schlag ein makuläres Erythem oder eine
exanthematöse Eruption sein; Läsionen v. a.
am Rumpf, zu den einzelnen Läsionen zäh-
len können „Flecken“ und flache atypische
„Target-Läsionen“, aber keine wahren „Tar-
get-Läsionen“, wie sie charakteristisch für
Erythema multiforme sind, das i. d. R. nicht
Arzneimittel-bezogen ist; Nikolski-Phäno-
men (leichte Abwischbarkeit der Epidermis
bei geringem tangentialem Druck). Dia-
gnose in Abhängigkeit vom Ausmaß der epi-
dermalen Nekrose nach Körperoberfläche
(KOF): 10-30% in SJS-TEN, unter 10%
bei SJS, über 30% bei TEN. Schleimhäute
fast immer beteiligt mit Blasen und Erosionen.
Beginn vier bis 21 Tage nach erster Dosis.
Fieber über 38,5°, Unwohlsein, Halsschmer-
zen, Dysphagie, Dysurie oder initial Photo-
phobie. Epidermale Nekrose bei Hautbiopsie
mit Verlust der Epidermis in voller Dicke.
80% der Fälle Arzneimittel-bezogen.
DD: blasenbildende Autoimmunleiden: Pem-
phigus und Pemphigoid, akute Phototoxizi-
tät, Syndrom der verbrühten Haut durch Sta-
phylokokken.


Acute Generalized Exanthematous Pustu-
losis (AGEP):
rasche Ausbildung (innerhalb
von Stunden) von sterilen, nicht follikulären
Pusteln auf erythematöser geschwollener Haut;
Verschärfung des Ausschlags in Kör-
perfalten, Gesichtsödem. Schleimhautbeteili-
gung ist selten. Initialer Ausbruch in weniger als
drei Tagen nach der ersten Dosis von An-
tibiotika, aber langsamerer Beginn bei ande-
ren Mitteln. Temperatur über 38,5°. Leuko-
zytose mit Neutrophilie. 50% der Fälle Arz-
neimittel-bezogen.

DD: Psoriasis (viele Merkmale gemeinsam
mit Psoriasis pustulosa)
*TEN war früher als Lyell-Syndrom bekannt 

Exanthematöse Eruptionen durch Arzneimittel zeigen sich als ausgedehnter symmetrischer Ausschlag aus rosa bis roten Maculae, die zu Plaques konfluieren können. Die Schleimhäute sind normalerweise ausgenommen, können aber Rötung ohne Blasenbildung zeigen. Oft besteht Juckreiz variabler Stärke. Fieber unter 38,5 °C ist häufig.

Zu den Zeichen und Symptomen, die den Kliniker alarmieren sollten, dass bei einem Arzneimittelexanthem (AE) die Möglichkeit einer schweren (lebensbedrohlichen) Hautreaktion besteht, zählen Beteiligung von Schleimhäuten, Fieber über 38,5° C, Blasenbildung, Gesichtsödem und Gesichtserythem sowie Lymphadenopathie.

Der Autor weist darauf hin, dass jede neue symmetrische exanthematöse Eruption (es wird auch von morbilliformen oder makulopapulösen Eruptionen gesprochen) Arzneimittel-bezogen sein kann. Es handelt sich dann um eine T-Zell-vermittelte Hypersensitivitätsreaktion vom Typ IV.

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