78. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, Wiesbaden

Praxis-Depesche 22/2005

Von Alzheimer bis Parkinson

Der diesjährige Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie - er fand vom 21. bis zum 24. September in Wiesbaden statt - bot ein breit gefächertes wissenschaftliches Programm, in dessen Mittelpunkt 80 Vorträge und 450 Poster standen. Hauptthemen der Tagung waren unter anderem die häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen des Gehirns wie die Alzheimer- und die Parkinson-Krankheit.

Das Hauptanliegen des Kongresses war es, qualitativ hoch stehende Versorgung für Menschen nit neurologischen Erkrankungen sicher zu stellen - auch und vor allem in Zeiten ausgeprägter Ressourcenknappheit. "Um dies zu erreichen, sind Vernetzungen und Interaktionen von Grundlagenforschung, klinischer Forschung und Versorgungsforschung von fundamentaler Bedeutung", so der Kongresspräsident Prof. Wolfgang Oertel, Direktor der Klinik für Neurologie an der Philipps-Universität Marburg. Das Alter ist neben der genetischen Veranlagung einer der wichtigsten Risikofaktoren für eine Alzheimer-Demenz. So erhöht sich die Anzahl der betroffenen Patienten nach dem 50. Lebensjahr exponentiell, erklärte Prof. Christian Hass, München, im Rahmen des Präsidentensymposiums am 22. September. Er spricht sogar von einem "Tsunami von Demenzpatienten", der auf unsere Gesellschaft zurollt. Bei der Demenz vom Alzheimer-Typ (DAT) kommt es durch die Aggregation von Amyloid-beta-Peptiden zu den charakteristischen Plaques. Diese Amyloidpeptide entstehen unter Mitwirkung verschiedener Sekretasen aus einem Vorläuferprotein. Wird nun dieser Prozess durch Beeinflussung - Hemmung oder Förderung - der Sekretasen unterbrochen, sollte auch die Bildung der Amyloid-beta-Peptide inhibiert werden. Dies haben erste In-vitro-Untersuchungen und ein Tiermodell bestätigt. Klinische Untersuchungen zeigten jedoch Probleme auf bzw. müssen noch durchgeführt werden. Dennoch sieht Hass in diesem Therapieansatz eine Chance, zwar nicht für morgen, aber doch für die weitere Zukunft. Die Fahrtauglichkeit älterer Menschen und neurologischer Patienten zu beurteilen ist in der Regel nur unzureichend möglich. Patienten sind häufig unsicher, ob sie sich noch ans Steuer setzen sollten und Ärzte schrecken oft davor zurück, ein Fahrverbot auszusprechen, so Prof. H. P. Krüger, Würzburg, im Rahmen des Minisymposiums "Fahrsimulation zur Diagnose und Therapie der Fahrtauglichkeit bei neurologischen Störungen". Er machte bei seinen Patienten die Erfahrung, dass Mobilität ein zentrales Element der Lebensqualität darstellt und das Auto neben seiner praktischen Notwendigkeit im Alltag für den Patienten eine wesentliche Rolle in der Aufrechterhaltung der Kommunikation mit der Umwelt spielt. Doch mit den zurzeit verwendeten Standardverfahren der Fahreignungsdiagnostik oder neuropsychologischen Testbatterien lässt sich das praktische Fahrverhalten nur unzureichend vorhersagen. Mit Fahrsimulatoren ist es dagegen z. B. möglich, gefährliche Situationen herzustellen und zu trainieren. Erste positive Ergebnisse hierfür liegen bereits vor. Auch kann der Fahrsimulator als diagnostisches Instrument eingesetzt werden. Da Szenarios frei gestaltet werden können, besteht die Möglichkeit, neurologischen Störungen entsprechende sensorische Fähigkeiten zuzuordnen. Des Weiteren können die Fahrszenen mit aufgabenrelevanten Reizen angereichert werden bzw. durch Wegnahme von Bildelementen auf wesentliche Elemente reduziert werden. Mithilfe dieser beiden Methoden ist es möglich, eine Aussage über Art und Stärke der neurologischen Störung zu treffen. Das von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie entwickelte Konzept für Stroke Units unterscheidet sich von den bislang untersuchten Stroke Units im Ausland durch zusätzliche intensivmedizinische Elemente. Von März 2001 bis Oktober 2002 wurden in Schleswig-Holstein im Rahmen einer prospektiven, nicht randomisierten, kontrollierten Kohortenstudie die Therapieergebnisse (Mortalität und Behinderungsgrad) von Patienten mit ischämischem Infarkt oder TIA (transitorische ischämische Attacke) ein Jahr nach dem Ereignis von zwei Kliniken mit Stroke Units (393 Patienten) mit denen von vier internistischen Kliniken (362 Patienten) verglichen. Es zeigte sich, dass die Einjahres-Mortalität und der Behinderungsgrad (bestimmt anhand der modifizierten Ranking Scale) in der Gruppe der in einer Stroke Unit behandelten Patienten niedriger lag als bei den in internistischen Kliniken behandelten Patienten. Die entsprechenden Zahlen lauten: 15,6 vs. 27,0% (Mortalität) und 33,9 vs. 39,8% (Behinderungsgrad). Wie die Multivarianzanalyse ergab, waren für Patienten mit ischämischem Infarkt, die nach dem Ereignis in Stroke Units kamen, die Mortalitätsrate und der Behinderungsgrad signifikant niedriger als für die entsprechenden Patienten in internistischen Kliniken (Odds Ratio 0,47 bzw 0,44). Für die TIA-Patienten der Stroke-Unit-Gruppe konnte dagegen kein signifikanter Vorteil gegenüber den Klinikpatienten nachgewiesen werden. Fazit dieser Studie ist, dass auch die in Deutschland seit einigen Jahren etablierten Stoke Units nach DGN-Konzept die Überlebensrate von Patienten mit ischämischem Infarkt im Vergleich zur herkömmlichen Behandlung in internistischen Kliniken erhöhen. In weiteren Studien müsste nun untersucht werden, ob auch Subgruppen der TIA-Patienten von Stroke Units profitieren können. eutschen Gesellschaft für Neurologie, Wiesbaden

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