Signet vom  MDS Kongress 2021

MDS Virtual Congress 2021, 17. – 22. September 2021

Neuro-Depesche 10/2021

Was gab es Neues zu Parkinson, MSA, Huntington und mehr?

Für den rein virtuell durchgeführten International Congress of Parkinson‘s Disease and Movement Disorders der Movement Disorders Society (MDS) hatten sich mehr als 13.000 Besucher aus 143 Ländern registriert. Es wurden 1.320 eingereichte Abstracts für die Scientific Sessions und andere Veranstaltungsformate akzeptiert. Nach dem 1. Oktober 2021 ist die virtuelle Kongressplattform (bis 1. April 2022) nur noch MDS-Mitgliedern zugänglich.
Huntington: Triheptanoin verringert Caudatusatrophie
Das bei der Huntington-Krankheit verminderte Energieprofil des Gehirns kann durch die Gabe von Triheptanoin, einem mittelkettigen Triglycerid, das auf den Krebs-Zyklus einwirkt, normalisiert werden. Die klinischen Effekte wurden nun in der TRIHEP3-Studie untersucht.
Von 100 Huntington-Patienten im Frühstadium beendeten 86 die einjährige Studie und 42 die konsekutive zwölfmonatige Verlängerung. Nicht in der sechsmonatigen Doppelblindphase, aber in der offenen Verlängerung verringerte Triheptanoin 1 g/kg/d die Zunahme der Atrophie des Nucleus caudatus (primärer Endpunkt) gegenüber einer externen Placebo-Kontrollgruppe signifikant (-3 % vs. -6,7 %; p < 0,001). Zudem wurde die Erkrankung u. a. nach dem Total Motor Score (TMS) der UHDRS nach 12 Monaten tendenziell stabilisiert (2,6 vs. 0,6 Punkte; p = 0,057).
Hier einige ausgewählte Neuigkeiten aus den Late Breaking Abstracts und anderen Kongress-Veranstaltungen.
 
Post-COVID-19-Syndrom bei Parkinson
In einer multizentrischen Fallstudie wiesen von 27 Parkinson-Patienten 23 (85,2 %) Symptome eines Post-COVID-19-Syndroms auf. Am häufigsten waren eine Verschlechterung der motorischen Funktion (51,9 %) und ein erhöhter Tagesbedarf an Levodopa (48,2 %), gefolgt von Müdigkeit (40,7 %), kognitiven Problemen wie Konzentrations- und Gedächtnisstörungen (22,2 %) und Schlafstörungen wie Insomnie (22,2 %). Damit ähneln die (nichtmotorischen) Symptome denen in der Bevölkerung. Ein ausgeprägter COVID-19-Schweregrad schien im Übrigen keine Bedingung für die Entwicklung eines Post-COVID-19-Syndroms zu sein.
 
Verzögert Prasinezumab die Progression?
Prasinezumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper gegen aggregiertes α-Synuclein, der das Fortschreiten der Parkinson- Krankheit verlangsamen soll. In die Phase-II-Studie PASADENA im „Delayed-Start“-Design waren 316 Patienten im Frühstadium eingeschlossen worden (Diagnose seit ≤ 2 Jahren, Hoehn & Yahr Stadien I–II), die medikamentennaiv waren oder mit MAO-B-Hemmern behandelt wurden. Die Teilnehmer erhielten nach Randomisierung über 104 Wochen alle 4 Wochen intravenöses Prasinezumab oder aber Placebo für 52 Wochen, gefolgt von Prasinezumab für die nächsten 52 Wochen („Delayed-Start“). Nach 52 Wochen zeigte die Frühstartgruppe gegenüber Baseline eine stärkere Abnahme des MDS-UPDRS-Teil-III-Scores als die Placebo-Gruppe (5,02 Punkte vs. 6,25 Punkte). Dies war in Woche 104 auch im Vergleich der Früh- und „Delayed-Start“-Gruppe der Fall (9,18 Punkte vs. 11,12 Punkte). Die Effekte von Prasinezumab werden weiter in der Phase-IIb-Studie PADOVA untersucht.
 
SAGE-324 bei essentiellem Tremor
Auf dem Kongress wurden die Resultate der Phase-II-Studie KINETIC präsentiert, in der SAGE-324/BIIB124, ein orales neuroaktives Steroid (NAS) und positiver allosterischer Modulator am GABA-A-Rezeptor bei essentiellem Tremor (ET) eingesetzt wurde. 34 Patienten erhielten 28 Tage lang SAGE-324 in einer Dosis von 60 mg/d (die im Verlauf bei drei Viertel auf 45 mg/d oder 30 mg/d reduziert wurde) und 35 Placebo. Die mit SAGE-324 behandelten Patienten erreichten im Tremor der oberen Extremität (nach Item 4 der Essential Tremor Rating Assessment Scale [TETRAS]) gegenüber dem Ausgangswert an Tag 29 eine signifikant stärkere Reduktion (-2,31 vs. -1,24; p = 0,049). Dies entspricht einer Tremoramplituden- Reduktion um 36 % vs. 21 % unter Placebo. Die 25 bzw. 22 ET-Patienten mit einem initialen Item-4-Score ≥ 12 zeigten ebenfalls eine signifikant unterschiedliche Reduktion (-2,75 vs. -1,05; p = 0,007) (Amplituden-Reduktion 41 % vs. 18 %). Die häufigsten Nebenwirkungen (≥ 10 % in der Verum-Gruppe und mindestens doppelt so häufig wie unter Placebo) waren Schläfrigkeit (67,6 %), Schwindel (38,2 %) und Gleichgewichtsstörungen (14,7 %) sowie Diplopie, Dysarthrie und Gangstörung (je 11,8 %).
 
tDCS bei MSA-C: Gemischte Ergebnisse
Die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) über dem Motorischen Kortex oder dem Kleinhirn besserte bei 16 Patienten mit zerebellär dominanter multipler Systematrophie (MSA-C) die Gesamtscores der International Cooperative Ataxia Rating Scale (ICARS) unabhängig vom Stimulationsort (p < 0,001). Allerdings waren die Effekte nicht signifikant stärker als bei der Scheinstimulation (p = 0,980). Anders die Ganggeschwindigkeit und Schrittzeit (p = 0,029 bzw. p = 0,007). Nun sollen die Stimulationsprotokolle optimiert werden. JL
ICD-Codes: U07.1 , G20 , G25.0
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