Studien, Indikationen, Risiken

Praxis-Depesche 10/2011

Was leistet Thrombolyse beim ischämischen Apoplex?

Der Direktor des Stroke Institute am University of Pittsburgh Medical Center und Inhaber des Lehrstuhls für Neurologie berichtet darüber, wann beim akuten ischämischen Schlaganfall eine intravenöse Thrombolyse in Frage kommt, welche Vorteile sie hat und welche Risiken sie mit sich bringt.
Praxisfazit
Kriterien für intravenöse t-PA-Gabe*
Einschluss
Diagnose ischämischer Apoplex, der ein mess-
bares neurologisches Defizit verursacht
Symptombeginn unter 3 h vor Therapiestart
(oder in ausgewählten Fällen unter 4,5 h**)
Alter ab 18 Jahren
Ausschluss
Schädelhirntrauma oder vorheriger Apoplex
in den letzten drei Monaten
Symptome, die auf eine Subarachnoidal-
blutung hindeuten
Arterienpunktion an nicht komprimierbarer
Stelle in den letzten sieben Tagen
intrakranielle Blutung in der Anamnese
erhöhter Blutdruck (systolisch ab 185 mmHg
oder diastolisch ab 110 mmHg), der nicht auf
antihypertensive Therapie angesprochen hat
Zeichen einer aktiven Blutung bei der Unter-
suchung
akute hämorrhagische Diathese, ist nicht
darauf begrenzt, aber schließt ein:
Thrombozyten 100 000/mm3 und darunter,
Heparingabe innerhalb von 48 h, die zu aPTT
an oberer Norm oder darüber geführt hat,
derzeitiger Antikoagulanziengebrauch mit
INR 1,7 und mehr oder PT von 15 s und mehr
Blutzucker 50 mg/dl und darunter
Hinweis im CT auf multilobären Infarkt (hypo-
dense Areale von mehr als einem Drittel der
Hemisphäre)
relative Ausschlusskriterien, abhängig vom
Nutzen-Risiko-Verhältnis***
nur geringe oder sich rasch bessernde Apo-
plex-Symptome (die spontan verschwinden)
Krampfanfall zu Beginn mit postiktalen
neurologischen Rest-Beeinträchtigungen
größere chirurgische Eingriffe oder ernst zu
nehmendes Trauma in den vorherigen 14
Tagen
gastrointestinale oder Harnwegsblutung in
den vorherigen 21 Tagen akuter Herzinfarkt,
letzte drei Monate
*nach Jauch et al., 2010, American Heart Associa-
tion Guidelines Part 11; **nach ECASS III mit ent-
sprechenden Ausschlusskriterien; ***Neuere Er-
fahrungen sprechen dafür, dass u. U. nach Risiko-
abwägung behandelt werden kann ...

Schlaganfälle stellen die führende Ursache von Behinderungen bei Erwachsenen in den USA dar und waren 2007 für einen von 18 Todesfällen verantwortlich. In der Framingham Heart Study zeigten 50% der Überlebenden einer ischämischen Apoplexie über 65 Jahren nach sechs Monaten Hemiparesezeichen, 30% konnten nicht ohne Hilfe gehen, 19% litten an Aphasie und 26% lebten in Heimen.

Weltweit sind 87% der Schlaganfälle ischämischen Ursprungs (In-situ-Thrombose, Embolie oder systemische Hypoperfusion). Der Autor schildert Teile der Ereigniskette, die nach schwerer Reduktion des Blutflusses zum Infarkt führt. In einem neueren Konzept werden Neuronen, Astrozyten und vaskuläre Strukturen und ihre Interaktionen als neurovaskuläre Einheit betrachtet. In Experimenten bestimmten sowohl Dauer als auch Schweregrad der Ischämie, ob die Schwelle zum irreversiblen Schaden überschritten wurde.

Die Serin-Protease tissue plasminogen activator (t-PA) steigert die Konversion von inaktivem Plasminogen zu Plasmin, das Fibrin-Gerinnsel auflöst. In Anwesenheit von Fibrin ist die Aktivität von t-PA stark erhöht; dies steigert die Fibrinolyse speziell am Ort der Thrombose. In vivo setzen Endothelzellen t-PA frei. Der therapeutische intravenöse Einsatz von rekombinantem t-PA (rt-PA) ist in den USA seit 1996 zugelassen, nach dem zweiten Teil der NINDS rt-PA Stroke Study des National Institute of Neurological Disorders and Stroke. Hier war bei Randomisierung innerhalb von 3 h nach Apoplex-Beginn die Quote günstiger Ergebnisse (primärer Endpunkt völlige oder fast völlige Erholung) nach 90 Tagen unter rt-PA signifikant höher als unter Plazebo (Odds Ratio 1,7; n = 333). Drei weitere Studien ergaben keinen Nutzen. Hier durften für die Aufnahme bis zu 6 h vergangen sein, nur 14% der Patienten wurden innerhalb von 3 h behandelt (NINDS-Studie: 48% innerhalb von 90 min). Es folgte ECASS III (n = 821) mit Patienten, die nach 3 bis 4,5 h behandelt wurden, mit signifikant häufiger günstigen Ergebnissen nach 90 Tagen (OR 1,34). Hier galten u. a. Alter über 80 Jahren und schwerer Apoplex als Ausschlusskriterien.

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