Sinusthrombosen

Praxis-Depesche 16/2005

Was tun bei verstopften Hirnvenen?

Thrombosen der zerebralen Venen und Sinus sind eine distinkte zerebrovaskuläre Störung, die - anders als der arterielle Schlaganfall - meist jüngere Erwachsene oder Kinder befällt. Sie sind nach wie vor eine große Herausforderung für den damit konfrontierten Arzt.

Zu den Symptomen führen zwei verschiedene Pathomechanismen: die Thrombose von Hirnvenen, die lokale Ödeme und Infarkte auslöst, und die der Hauptsinus, wodurch intrakranieller Hochdruck entsteht, ohne dass sich die Ventrikel erweitern. Am häufigsten betroffen sind die transversen Sinus, bei denen anatomische Varianten häufig sind, und der Sinus sagittalis superior. Zu den Risikofaktoren zählen neben angeborenen prothrombotischen Zuständen vor allem Spätschwangerschaft und Postpartalzeit sowie die Einnahme oraler Kontrazeptiva. Mechanische Ursachen der Sinusthrombose sind Kopfverletzungen, direkte Verletzungen, z. B. durch Jugularis-Katheter und neurochirurgische Eingriffe, sowie Lumbalpunktionen, zudem Infektionen im Bereich von Ohren und Mastoid. Das klinische Bild ist durch schwere Kopfschmerzen geprägt, die plötzlich auftreten, sich aber auch über Tage hinweg steigern können. Bei etwa der Hälfte der Betroffenen findet man neurologische Ausfälle. Selten, aber eigentlich charakteristisch sind Halbseitensymptome, die nach Tagen auch kontralateral auftreten. Häufiger als bei Apoplex kommt es zu Krampfanfällen. Isolierter intrakranieller Druckanstieg löst Kopfschmerz plus Sehstörungen aus. Für die Diagnose wird die Kernspintomographie eingesetzt, in manchen Fällen auch eine Angiographie. Das CT, mit dem sich andere Ursachen ausschließen lassen, kann unauffällig beiben. Besteht bei akuter Druckerhöhung und großen Infarkten Einklemmungsgefahr, können Mannitol-Infusionen, Entfernung des hämorrhagischen Infarkts oder dekompressive Hemikraniektomie notwendig werden. Antikoagulation mit Heparin erscheint vordringlich und wird meist durchgeführt, ist aber nicht unumstritten, da in 40% hämorrhagische Infarkte vorliegen. Eine endovaskuläre Thrombolyse sollte derzeit nur bei schlechter Prognose durchgeführt werden. Liegen nur Symptome von chronischem intrakraniellem Hochdruck vor, kommen Acetazolamid und - so nicht kontraindiziert - wiederholte Lumbalpunktionen zum Einsatz. Wenn nötig wird nach ca. zwei Wochen drainiert, meist lumboperitoneal. Bei Gesichtsfeldverschlechterung kann der Sehnerv entlastet werden. (EH)

Quelle: Stam, J: Thrombosis of the cerebral veins and sinuses, Zeitschrift: NEW ENGLAND JOURNAL OF MEDICINE, Ausgabe 352 (2005), Seiten: 1791-1798

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