Schwere Hypothermie

Praxis-Depesche 5/2000

Weiteren Wärmeverlust vermeiden!

Ob Bergsteigen oder Snowboarden: Outdoor-Sportarten, die bei kalter Witterung stattfinden, erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Ein Risiko, das dabei oft unterschätzt wird, sind Unterkühlungen.

Eine Hypothermie liegt vor, wenn die Kerntemperatur unter 35 °C absinkt. Im Freien kann eine Grobeinschätzung des Hypothermiegrades nach folgenden Kriterien erfolgen: Patienten, die zittern, haben meist eine Kerntemperatur über 32 °C. Patienten, die nicht zittern und Bewußtseinsstörungen aufweisen, haben eine Kerntemperatur unter 32 °C. Primäres Behandlungsziel ist es, weiteren Wäremeverlust zu verhindern und ggf. die Vitalfunktionen zu sichern. Da die peripheren Pulse infolge Vasokonstriktion schwer tastbar sein können, eine voreilige Herzdruckmassage andererseits schwere Arrhythmien auslösen kann, sollte eine volle Minute lang nach Pulsaktionen gefahndet werden. Wenn bei einer Kerntemperatur unter 32 °C der erste Defibrillationsversuch erfolglos ist, sollte bis zum Erreichen einer Kerntemperatur über 30 °C mechanisch reanimiert werden. Passive Erwärmungsmaßnahmen (die in leichten Fällen genügen) können durch aktive Maßnahmen ergänzt werden. Am einfachsten: erwärmte Infusionslösungen (40 °C), Insufflation von angefeuchtetem, erwärmten (unter 45 °C ) Sauerstoff über Maske oder Endotrachealtubus. Falls verfügbar, ist auch die Peritonealdialyse mit erwärmter Kristalloidlösung und die extrakorporale Blut-Erwärmung mit arteriovenösen oder venovenösen Zugängen gut geeignet. Ein potenzielles Risiko der aktiven Wiedererwärmung ist der "After-drop": Löst sich die periphere Vasokonstriktion, wird kaltes Blut aus der Peripherie in den Körperkern gespült. Durch die Vasodilatation und das venöse Pooling kann es außerdem zu relativer Hypovolämie und Hypotension kommen (Wiedererwärmungs-Schock). (UB)

Quelle: Sallis, R: Recognizing and treating common cold-induced injury in outdoor sports, Zeitschrift: MEDICINE AND SCIENCE IN SPORTS AND EXERCISE, Ausgabe 31 (1999), Seiten: 1367-1373

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