Häusliche nichtinvasive Beatmung (NIV) nach COPD-Exazerbation

Praxis-Depesche 6/2017

Weniger Krankenhauseinweisungen und geringere Mortalität mit NIV

Exazerbationen, also akute Verschlechterungen der Lungenfunktion mit Beschwerdezunahme, können nicht nur die Lebensqualität von Patienten mit COPD stark beeinträchtigen – sie führen auch häufig zur Hospitalisierung und verschlechtern die Prognose des Patienten quoad vitam. Eine chronische Hyperkapnie ist dabei ein Risikofaktor für Mortalität, weshalb das Therapiekonzept der häuslichen nichtinvasiven Beatmung (NIV) in diesen Situationen erwogen werden sollte. Hierbei erhält der Patient – meistens nur zur Nacht – Raumluft (ggf. mit O2 angereichert) über eine Maske mit Druckunterstützung. Nun wurde in einer großen randomisierten Studie (HOT-HMV) an Patienten mit zurückliegender Exazerbation und Hyperkapnie untersucht, welche Effekte eine NIV im Vergleich zur Langzeitsauerstofftherapie (O2-Insufflation über Nasenkanüle) hat. Die Ergebnisse konnten den Wert der NIV bei diesen Patienten zweifelsfrei belegen.

Key Messages
  • COPD-Patienten, die kürzlich eine Exazerbation durchgemacht haben, profitieren von einer häuslichen nichtinvasiven Beatmung (NIV) zusätzlich zur Langzeitsauerstofftherapie.
  • Die NIV reduziert in diesem Setting das Rehospitalisierungs- und Todesrisiko signifikant.

Fortbildung

Die ResMed-Akademie, Martinsried, veranstaltet in Kooperation mit der Deutschen Atemwegsliga e.V. zwei Fortbildungsveranstaltungen zum Thema „Update COPD: Wie praktikabel sind die neuen Leitlinien?“:
  • 21. Juni 2017 in Köln/Buchforst
  • 19. Juli 2017 in München

Informationen und Anmeldeunterlagen für die kostenfreie Teilnahme erhalten Sie unter resmed.de/akademie oder www.atemwegsliga.de.

Insgesamt wurden 116 COPD-Patienten aus 13 Zentren im UK randomisiert. Alle hatten innerhalb von zwei bis vier Wochen vor Studieneinschluss eine akute Exazerbation ihrer COPD durchlebt und wiesen eine persistierende Hyperkapnie (PaCO2 >53 mmHg) auf. Die FEV1 lag im Mittel bei 0,6 l, der PaCO2 bei Raumluft bei 59 mmHg. Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe, Adipositas und anderen Ursachen für Dyspnoe wurden ausgeschlossen.
 
NIV für sechs Stunden pro Nacht
 
59 Patienten erhielten nach Randomisierung eine Langzeitsauerstofftherapie über Nasenkanüle (LZS-Gruppe; mediane Flussrate 1,0 l O2/min für avisierte 15 Stunden pro Tag). 57 Studienteilnehmer wurden zusätzlich zur LZS mit einer NIV-Therapie über Atemmaske (nasale, oronasale oder komplette Gesichtsmaske, je nach Patientenpräferenz) versorgt (NIV-Gruppe; mediane O2-Flussrate 1,0 l/ min, medianer inspiratorischer/exspiratorischer positiver Atemwegsdruck 24/4 cmH2O, Backup-Atemfrequenz 14/min). Die NIV-Therapie sollte für mindestens sechs Stunden pro Nacht erfolgen. Während der Studienlaufzeit verlängerte sich die im Durchschnitt tatsächlich erreichte NIV-Dauer von 4,7 Stunden auf 7,6 Stunden pro Nacht. Alle Patienten wurden zusätzlich zur Beatmungstherapie Leitlinien- konform medikamentös und supportiv behandelt.
 
Risiko halbiert!
 
Die mediane Zeit bis zur Wiederaufnahme oder bis zum Versterben des Patienten war in der NIV-Gruppe mit 4,3 Monaten im Vergleich zur LZS-Gruppe mit nur 1,4 Monaten signifikant reduziert (vgl. Abb. 1). Das Risiko für diese Ereignisse war zugunsten der NIV mehr als halbiert (Hazard ratio 0,49). Innerhalb des Nachuntersuchungszeitraums von zwölf Monaten sank das absolute Risiko für Rehospitalisierung oder Tod jeglicher Ursache um 17,0% (63,4% vs. 80,4%), und 16 vs. 19 Patienten waren verstorben.
Auch auf die sekundären Endpunkte „Exazerbationsfrequenz“ und „Lebensqualität“ hatte die NIV einen positiven Einfluss. So lag die COPD-Exazerbationsrate unter NIV bei im Median 3,8 pro Jahr versus 5,1 pro Jahr mit LZS (Risikoreduktion adjustiert um 34%). Die gesundheitsbezogene Lebensqualität (nach SRI) war in der NIV-Gruppe mit 50,6 versus 49,2 ebenfalls signifikant höher.
 
Wichtige Therapieoption
 
„Die Ergebnisse [...] belegen eindrucksvoll, dass eine nächtliche ‚Maskenbeatmung‘ eine wichtige Therapieoption bei hyperkapnischen COPD-Patienten ist“, kommentierte Prof. Carl-Peter Criée, Vorsitzender der Deutschen Atemwegsliga e.V., in einer Mitteilung der Liga (www.atemwegsliga.de, 27.05.2017). „Verantwortlich dafür sind zwei Effekte: Durch die Beatmungstherapie wird das CO2 ausgewaschen, und die Atemmuskulatur des Patienten kann sich während der Beatmungstherapie, die in der Regel nur nachts während der Schlafphase angewendet wird, erholen“, so Criée weiter. Prof. Wolfram Windisch, federführender Autor der Leitlinie zur außerklinischen Beatmung, ergänzte, dass die Studie gezeigt habe, dass die Beatmungstherapie auch COPD-Patienten helfe, die gerade eine Exazerbation überstanden haben – für stabile COPD-Patienten war dies bereits 2014 nachgewiesen worden. CB

 

Mit freundlicher Unterstützung der ResMed Deutschland GmbH, Bremen
Quelle:

Murphy PB et al.: Effect of home noninvasive ventilation with oxygen therapy vs oxygen therapy alone on hospital readmission or death after an acute COPD exacerbation: a randomized clinical trial. JAMA 2017; Epub May 21: 10.1001/jama.2017.4451

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