Präeklampsie und Schlimmeres drohen weiterhin

Praxis-Depesche 9/2013

Wenn die Hypertonie postpartal persistiert oder neu entsteht ist die richtige Therapie essentiell

Zwei Autorinnen vom King’s College, London, eine Professorin für Geburtshilfe, Guy’s and St Thomas NHS Foundation Trust, London, und ein Professor für klinische Pharmakologie der Universität Cambridge beantworten 13 rhetorische Fragen. Sie wenden sich an Hausärzte, Geburtshelfer und Spezialisten für sekundäre Hochdruckursachen.

Mit Hypertonie gehen 6 bis 10% der Schwangerschaften einher; zur Inzidenz nach der Geburt gibt es wenige Studien. Physiologischerweise fällt der RR i. d. R. gleich nach der Entbindung. Er tendiert dann zu einem Anstieg (Gipfel nach drei bis sechs Tagen, siehe Kasten) bei Frauen mit oder ohne Erhöhung in der Gravidität. Häufigste Ursache postpartaler Hypertonie in den ersten sechs Wochen ist die Fortdauer von Hochdruck beiSchwangerschafts-induzierter Hypertonie (SIH), Präeklam­p­sie oder vorbestehender chronischer Hypertonie. Ein Hochdruck kann postpartal zum ersten Mal auftreten und zur Entwicklung von Präeklampsie, Eklampsie und HELLP-Syndrom (haemolysis, elevated liver enzymes, low platelets) führen.

Laut Studien sollte sich Schwangerschafts-assoziierter Hochdruck meis­t innerhalb von Tagen normalisieren (29 bis 75% in drei, 50 bis 85% in sieben Tagen). Der Anteil nach sechs bis zwölf Wochen hypertensiver Frauen hängt von der Population ab (vgl. Kas­ten). Etwa eine von fünf Frauen mit Hypertonie in der Gravidität braucht wegen chronischen Hochdrucks nach zwei Jahren Medikamente.

Für nach der Geburt einsetzende Hypertonie gibt es Schätzwerte von 0,3 bis 28%. Leitlinien von NICE (National Institute for Health and Care Excellence) empfehlen routinemäßige RR-Messung innerhalb von 6 h nach Entbindung bei allen normotensiven Frauen ohne Komplikationen und eine Messung am fünften Tag zur Erkennung von Prä­eklampsie (Urinprotein-Bestimmung gleich nach der Geburt wegen Lochien nicht ratsam).

Für die Überwachung in der Klinik wie nach der Entlassung gibt es in der Arbeit Flussdiagramme (letzteres nur online*). Die jungen Mütter sollen mit einem individuellen Betreuungsplan nach Hause geschickt und der Hausarzt informiert werden.

In puncto Entdeckung postpartaler Hypertonie gilt die wichtigste Sorge der Erkennung von Frauen mit schwerer Hypertonie, postpartaler Präeklampsie oder beidem, mit Gefahr lebensbedrohlicher Komplikationen wie intrakranielle Blutung, Eklampsie oder RCVS (reversibles zerebrales Vasokonstrik­tionssyndrom, i. d. R. drei bis 14 Tage nach der Entbindung, häufig mit Thunderclap-Kopfschmerz)**. In einer Studie fanden sich postpartale Präeklampsien bis zu vier Wochen nach der Entbindung. In drei prospektiven Studien im UK ereigneten sich 32 bis 44% aller Fälle von Eklampsie nach der Entbindung. Alle Frauen sollen über die Risiken und Symptome informiert werden (siehe Kasten).

Intrazerebrale Komplikationen?

Man suche intrazerebrale Befunde bei Frauen mit Hypertonie assoziiert mit neuem oder schwerem Kopfschmerz, mit Sehstörungen oder neurologischen Defiziten. Zu den Risikofaktoren für postpartalen Apoplex und zerebrale Venenthrombose zählen fortgeschrittenes Alter der Mutter, Hypertonie, Sectio und Flüssigkeits- und Elektrolytstörungen.

Nach der Entlassung aus der Klinik wird bei postpartaler Hypertonie laut Leitlinien jeden zweiten Tag der Blutdruck gemessen, so lange, bis die Zielwerte erreicht sind, danach je nach Befund (zwei-)wöchentlich, um die Antihypertensiva angemessen reduzieren und wenn möglich absetzen zu können.

 

NSAR sind zu meiden bei Frauen mit relevanter Hypertonie in der Gravidität und bei Prä-eklampsie wegen assoziierten RR-Anstiegs, Antagonismus gegenüber einigen Antihypertensiva und Exazerbation oder Entwicklung einer Niereninsuffizienz.

Die Daten zum Antihypertensiva-Gebrauch nach der Geburt sind dürftig. Obwohl einmal täglich zu nehmende Mittel die Adhärenz verbessern und deshalb vorzuziehen sind, ist eine mögliche Akkumulation eines langwirkenden Präparats im Baby beim Stillen zu bedenken***. Äußern Mütter oder Fachleute Bedenken wegen der Gesundheit des Babys (wie schlechtes Trinken, Apnoe), denke man an Antihypertensiva als mögliche Ursache. Stillende Mütter von Frühchen sollten von Spezialisten zusammen mit Neonatologen behandelt werden.

Alle Frauen mit Hypertonie in der Gravidität untersucht man nach sechs Wochen auf Hochdruck und Proteinurie (in einer Studie litten 3% der 20- bis 39-Jährigen an chronischen Nierenleiden Stadium 1 oder 2). Eine persistierende Hypertonie wird mit Langzeitmessung bestätigt. Dann werden Ursachen gesucht. Generell fahndet man bei Frauen unter 40 Jahren, ob Mütter oder nicht, nach sekundärer Hypertonie.

Zuletzt befassen sich die Autoren mit den Auswirkungen von Hypertonie in der Schwangerschaft auf weitere Graviditäten und den Umgang mit den Langzeitfolgen (erhöhte KHK-Gefahr etc.). SN

*Bestellnummer gilt für beide Versionen

**siehe CME „Thunderclap-headache“ PD 2/2013

***Fachinfos beachten sowie www.embryotox.de

Quelle: Bramham K et al.: Postpartum Management of Hypertension, Zeitschrift: BRITISH MEDICAL JOURNAL, Ausgabe 346 (2013), Seiten: f894; doi: 10.1136/bmj.f894
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