Grundlagen und Klinik

Praxis-Depesche 9/2010

Wie aus Hypoglykämie Arrhythmie werden kann

Ein Professor für Kardiologie am Albert Einstein College of Medicine in New York geht von der Hypothese aus, dass eine akute Hypoglykämie das Risiko von malignen ventrikulären Rhythmusstörungen und Tod bei Diabetikern durch QT-Verlängerung sowie Überladung der Zellen mit Kalzium erhöht. Dies sind zwei klassische Anomalien, die für die proarrhythmischen Effekte von Medikamenten verantwortlich sind.

Durch sehr aggressive HbA1C-Senkung besteht für Diabetiker ein erhöhtes Hypoglykämie-Risiko. Mehrere neuere Arbeiten legen nahe, dass Hypoglykämien mit einer erhöhten Mortalität einhergehen, v. a. bei Patienten mit vorbestehender Herzerkrankung oder akutem Herzinfarkt.

Nach der Einführung von Humaninsulin kam in Europa der Gedanke auf, dass Hypoglykämie das Risiko für plötzlichen Herztod steigern könnte, da junge Typ-1-Diabetiker, die nachts im Bett verstorben waren, keine pathologischen Befunde aufwiesen. Pionierarbeiten zeigten, dass Hypoglykämien und der damit einhergehende Katecholamin-Anstieg das QT-Intervall verlängern. Forschung an Zellen ergab in Diabetes-Tiermodellen, dass dieser selbst die Gefahr elektrischer Instabilität erhöht. So wurde eine Verlängerung des Aktionspotenzials (AP) belegt und gezeigt, dass eine erhöhte Neigung zu späten Nachdepolarisationen (DAD, delayed afterdepolarization) besteht, eine Instabilitätsform, die mit intrazellulärer Ca2+-Überladung, ventrikulärer Arrhythmie und plötzlichem Tod assoziiert ist. Weitere Arbeiten folgten.

Zwei Mechanismen wichtig

Generell gilt, dass proarrhythmische Ereignisse nicht zufällig erfolgen. Fast alle derartig wirkenden Arzneimittel verursachen zwei Phänomene, allein oder gleichzeitig: ein verlängertes AP (entspricht einer QT-Verlängerung im EKG) und eine höhere Ca2+-Konzentration im Zellplasma. Beide verwandeln normalerweise ruhige Zellen in spontan aktive mit anomaler Schrittmacher-Aktivität. Werden die APs zu lang, erfolgt keine Repolarisation ventrikulärer Zellen. Diese können spontane APs von depolarisierten Ausgangspotenzialen generieren, indem Ca2+-Kanäle reaktiviert werden. Dies wird frühe Nachdepolarisation genannt (EAD, E für early). Ein Hauptweg zur AP-Verlängerung ist die Blockade repolarisierender K+-Kanäle (bei Mutation angeborene QT-Verlängerung). Viele Mittel – und Hypoglykämie – blockieren solche Kanäle, inkl. trizyklische Antidepressiva, Antibiotika und andere nicht in der Kardiologie eingesetzte.

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