Nach erster nicht provozierter Thrombose

Gyn-Depesche 4/2018

Wie viel Karzinom-Screening ist sinnvoll?

Zertifizierte Fortbildung

Eine venöse Thromboembolie (VTE, also tiefe Beinvenenthrombose oder Lungenembolie) ohne erkennbare Ursache (nicht provozierte Thrombose, npVTE) kommt in der Praxis gar nicht so selten vor. Da eine bis dahin nicht bekannte maligne Erkrankung dahinter stecken kann, stellt sich die Frage, wie man nach einer ersten npVTE nach einem okkulten Krebs fahnden sollte.

Bislang ging man davon aus, dass bei Patienten mit neuer npVTE in den folgenden zwölf Monaten in etwa 10% der Fälle ein Karzinom nachgewiesen werden kann. In zwei aktuellen, qualitativ hochwertigen Studien fand sich allerdings nur noch eine Krebsinzidenz nach npVTE von 4%. Den Rückgang der Inzidenz erklärte man mit dem retrospektiven Design der älteren Studie und mit der Tatsache, dass sich der Screening-Zugang und die medizinische Versorgung verbessert haben. Generell ist die Evidenz für ein extensives Screening in diesem Setting gering.
 
Bislang größte Studie ohne klaren Benefit für extensives Screening
 
Die bisher größte prospektive Studie zu diesem Thema ist die SOME-Studie (Screening for Occult Malignancy in Patients with Idiopathic Venous Thromboembolism). Hier verglich man ein Routine-Screening, bestehend aus Basislabor, Röntgen-Thorax, Mammographie, Zervixabstrich und digitale rektale Untersuchung oder PSA-Bestimmung, mit Routine-Screening ergänzt um ein zusätzliches CT von Abdomen und Becken. Die Gesamtinzidenz eines okkulten Karzinoms betrug 3,9%, ohne jedoch einen Unterschied zwischen den Gruppen bezüglich der durch eine Biopsie nachgewiesenen Malignomen zu finden.
In einer anderen Studie nahm man zum extensiven Regime noch ein 18F-PET hinzu, was den Unterschied zwischen Routine- und extensivem Vorgehen vergrößerte, allerdings knapp nicht signifikant (2 vs. 5,6% Krebsinzidenz; absoluter Risikounterschied 3,6%, p=0,065; bedeutet ein zusätzlich gefundener Krebs pro 186 Patienten).
 
Risiken
 
Zwischen 15 und 24% der extensiv gescreenten Patienten mussten sich nach dem Screening weiteren Untersuchungen unterziehen. Das verursacht neben dem Risiko von Interventionskomplikationen auch Angst und Stress beim Patienten. Nicht zuletzt erhöht das CT die Strahlenbelastung; ein Abdomen/Becken-CT entspricht 234 Röntgen-Thorax-Untersuchungen oder 39 Mammographien. Eine niederländische Studie errechnete durchschnittliche Kosten von € 165 für das Routine- und € 531 für das extensive Screening.
 
Wie sollte man in der Praxis vorgehen?
 
Zugegeben, die Datenlage zur Frage, ob man Patienten mit einer ersten nicht provozierten VTE neben den „einfachen“ Routinetests zur Karzinomsuche ins CT schicken sollte, ist nicht eindeutig. Das NICE empfiehlt in seinen Leitlinien ein Screening mit CT von Abdomen und Becken (und zusätzlich eine Mammographie bei Frauen) für alle npVTE-Patienten über 40 Jahre. Aktuelle Daten legen nahe, dass eine Malignität bei einem von 25 Personen mit npVTE zu finden ist. Bei dieser geringen Inzidenz und der begrenzten Evidenz scheinen zusätzliche Untersuchungen – besonders welche mit Strahlenbelastung – einen geringen Benefit aufzuweisen. Bei Patienten, die ein extensives Screening mit zusätzlichem Abdomen/Becken-CT und Mammographie ablehnen, sollte man in Folge generell eine niedrige Verdachtsschwelle für onkologische Erkrankungen haben. Zudem sollte man ein Routine-Screening anbieten, das folgende Untersuchungen umfasst: ausführliche Anamnese, körperliche Untersuchung, Basislabor (inkl. Serumkalzium und Leberwerte), Röntgen-Thorax und Urinanalyse. Außerdem sollte man die ohnehin empfohlenen Früherkennungsmaßnahmen für Kolon-, Mamma-, Zervix- und Prostatakarzinom entsprechend der Leitlinien anbieten. Wichtig ist zudem ein jährliches Follow-up und der Hinweis an die Patienten, auf Symptome wie ungewollten Gewichtsverlust oder GI-Blutungen zu achten. CB


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Khan F et al.: Should we screen extensively for cancer after unprovoked venous thrombosis? BMJ 2017; 356: j1081

ICD-Codes: I80.2

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