Pneumokokken-Impfung bei Älteren

Praxis-Depesche 10/2016

Wiederholungsimpfung sinnvoll?

Das Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt für Erwachsene ab einem Alter von 60 Jahren standardmäßig die einmalige Pneumokokkenimpfung. Da die Menschen aber immer älter werden, stellt sich die Frage, ob und wann eine Wiederholungsimpfung sinnvoll ist. In Japan, einem Vorreiter der „ageing societies“, wurde eine solche Wiederholungsimpfung mit einem 23-valenten Polysaccharid-Impfstoff (PPSV23) nun bei über 70-Jährigen untersucht.

In Japan wird die PPSV23-Wiederholungsimpfung offiziell für Erwachsene ≥65 Jahre empfohlen, wenn diese ihre Erstimpfung vor mindestens fünf Jahren erhalten haben. Das RKI ist mit seinen Empfehlungen zurückhaltender: Aktuell rät es nur bei angeborenen oder erworbenen Immundefekten oder bei chronischen Nierenerkrankungen/ nephrotischem Syndrom zu einer oder ggf. mehreren PPSV23-Wiederholungsimpfungen im Abstand von fünf Jahren. Ungeachtet dessen ist bekannt, dass Antikörpertiter nach Impfungen im Laufe der Zeit generell sinken, unabhängig von möglichen Begleiterkrankungen. Daher untersuchte man nun an 242 Erwachsenen, die mindestens 70 Jahre alt waren, ob eine Wiederholungsimpfung effektiv und sicher ist.
81 Probanden hatten noch nie eine Pneumokokkenimpfung erhalten (Kontrollgruppe), während 161 Personen bereits vor mindestens fünf Jahren geimpft worden waren (Re-Impf-Gruppe). Alle erhielten eine einmalige PPSV23-Injektion i.m. Zuvor mit 13-valentem Konjugatimpfstoff Geimpfte wurden ausgeschlossen, ebenso wie immunsupprimierte oder fiebrige Patienten.
Man bestimmte vor und vier Wochen nach der Impfung die serotypspezifischen IgG-Titer und die OPA (opsonophagozytische Aktivität). Erwartungsgemäß waren beide Werte bei den zuvor Geimpften höher als bei den PPSV23-Naiven. In der Re-Impf-Gruppe waren nach der Impfung sowohl IgG als auch OPA vergleichbar mit der Kontrollgruppe angestiegen. Das serologische Impfansprechen war in dem Patientenkollektiv demnach bei der Wiederholungsimpfung vergleichbar dem der Erstimpfung (aber auch nicht überlegen). Eine verminderte Wirksamkeit („hyporesponsiveness“), wie sie in anderen Studien zu Tage trat, wurde bei den hier kontrollierten Serotypen nicht gefunden. Auch bei Patienten mit Komorbiditäten (chronische Herz- oder Lungenerkrankungen, Diabetes mellitus) war ein Titeranstieg nach Re-Impfung zu verzeichnen (wenn auch die Baseline-Titer bei diesen Patienten niedriger waren).
Die systemischen Nebenwirkungen waren in beiden Gruppen vergleichbar (z. B. Fieber oder Diarrhoe). Probleme an der Injektionsstelle kamen allerdings in der Wiederholungsimpfungsgruppe häufiger vor, wenn auch nicht klinisch signifikant, denn die meisten waren leicht bis mittelschwer und verschwanden innerhalb von fünf Tagen von alleine (Schmerz 63 vs. 47%; Erythem 35 vs. 15%; Schwellung 39 vs. 17%).
In einer alternden Bevölkerung könnte es nach diesen Ergebnissen zufolge sinnvoll sein, bei Menschen über 70, die bereits vor mindestens fünf Jahren eine 23-valente Pneumokokken- Impfung erhalten haben, eine Wiederholungsimpfung durchzuführen – unabhängig von ggf. vorliegenden Komorbiditäten. CB
Quelle:

Kawakami K et al.: Revaccination with 23-valent pneumococcal polysaccharide vaccine in the Japanese elderly is well tolerated and elicits immune responses. Vaccine 2016; 34: 3875-81

ICD-Codes: Z23.8

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