Editorial Praxis-Depesche 6/2015

Praxis-Depesche 6/2015

Finger knacken für die Forschung

Liebe Kolleginnen,
liebe Kollegen!

Das Fingerknacken (habitual knuckle cracking) spaltet die Menschheit, zumindest die zivilisierte ohne andere Probleme. Das absichtlich herbeigeführte Knackgeräusch synovialer Gelenke durch normale oder abnorme Bewegungen verursacht bei vielen Abscheu. Diejenigen, die es regelmäßig praktizieren, können oder wollen aber oft nicht davon lassen.
Obwohl diesem Phänomen keinerlei klinische Bedeutung beigemessen wird, beschäftigen sich Forscher immer wieder damit, die Hintergründe und Auswirkungen zu erhellen – und das seit Jahrzehnten. Bereits 1975 stellten Autoren aus Los Angeles fest, dass Fingerknacken keine schädlichen Effekte für die Gelenke hat, außer dass es „die unbeteiligten Beobachter nervt“ (Swezey RL, Swezey SE, West J Med 1975). Das hielt aber einen weiteren Kollegen aus Kalifornien nicht von einem heroischen Selbstversuch ab: Der Allergologe knackte sechzig (!) Jahre lang regelmäßig mit den Fingern seiner linken Hand und sparte die rechte dabei bewusst aus. Mit 83 Jahren stellte er dann fest, dass seine linke Hand im Vergleich zur Gegenseite keinen Schaden genommen hatte. Dafür erhielt er 2009 den satirischen „Ig-Nobelpreis“ (engl. „ig-nobel“ = unwürdig, schändlich).
Mit mehr apparativem als persönlichen Einsatz nahm sich nun erneut ein kanadischer Forscher dem Thema an (Kawchuk GN et al., PLoS One 2015). Er verfrachtete einen Probanden, der mit allen zehn Meta­carpophalangeal-Gelenken knacken konnte, ins MRT. Jeder Finger wurde in eine Extensionshülse („Mädchenfänger“) gesteckt und so lange an ihm gezogen, bis es knackte. Die MRT-Videosequenz des Vorgangs mit 3,2 Bilder/Sek. brachte die Erkenntnis: „Tribonukleation“ und nicht – wie früher vermutet – „Kavitation“ verursachte das fragliche Geräusch im Moment der Gas­blasenbildung im Gelenk.


Der Autor dieser Zeilen, selbst sporadischer Fingerknacker, ist in Anbetracht dieser Meilenstein-Ergebnisse endlich beruhigt ...

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