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Arzt-Depesche 1/2018

Seit Jahrhunderten bekannt, immer noch nicht besiegt – die Syphilis als weltweites Problem

Zertifizierte Fortbildung

Die Infektion durch Treponema pallidum ist in unterentwickelten Ländern endemisch, in Industrienationen relativ selten. Die Behandlungsprinzipien sind seit Dekaden etabliert, aber Diagnose und Therapie können doch zur Herausforderung werden.

Die Syphilis bzw. Lues wurde von jeher stigmatisiert, wodurch Screening und Aufklärung der Partner behindert sind. In der „Dritten Welt“ ist die Syphilis ein erhebliches Problem, eine Quelle beträchtlicher Morbidität, wozu auch problematische Schwangerschaftsverläufe und die Begünstigung einer HIV-Infektion gehören. In Westeuropa und den USA schwankte die Häufigkeit stets periodisch. In Zeiten hoher Prävalenz wurden die Bemühungen um Eingrenzung der Infektion verstärkt; dem Abfall der Krankenzahlen folgte dann aber immer ein erneuter Anstieg. Derzeit ist wieder einmal eine Zunahme zu verzeichnen, mit einer disproportional hohen Inzidenz bei homosexuellen Männern und einer häufigen Verknüpfung mit HIV-Infektionen.
Die Syphilis zeigt in den ersten zwei bis drei Jahren einen sehr variablen klinischen Verlauf. Dann folgt eine längere latente Phase bis schließlich, Jahre bis Dekaden nach der Erstinfektion, das tertiäre Stadium manifest wird.
Die Primärläsion, eine indurierte schmerzlose Ulzeration, kann an allen Körperstellen auftreten, die mit dem Erreger in Kontakt kamen, bei Frauen auch in der Vagina oder an der Zervix, ansonsten u. a. im Analbereich, im Mund oder an einem Finger. Die Infektiosität der Lues erlischt nach zwei bis drei Jahren weitgehend.
Hauptsymptom des sekundären Stadiums ist ein schmerzloser, fleckiger Ausschlag in Form von 1 bis 2 cm großen rötlichen Flecken auf den Handflächen oder den Fußsohlen, aber mit sehr großer Variabilität. Auch die Schleimhäute können betroffen sein. Die Gefahr der Verwechslung mit anderen Hautleiden ist groß. Die Läsionen der sekundären Syphilis verschwinden innerhalb von Wochen bis Monaten. Daran schließt sich das symptomlose latente Stadium an, in dem nur Labortests die Infektion aufdecken können.
Die Neurosyphilis ist eine Komplikation, die zu jedem Zeitpunkt der Infektion auftreten kann. Der Nachweis von T. pallidum im Liquor geht anfangs noch nicht mit Symptomen einher. Im weiteren Verlauf (nach fünf bis zehn Jahren) kann die Entzündung von ZNS-Arterien zu Apoplexie oder ähnlicher Symptomatik führen. Häufig sind dabei Hemiplegie, Aphasie und Krampfanfälle. Schließlich kann es zu genereller Parese (mit Demenz und psychiatrischen Symptomen) oder Tabes dorsalis (mit Schmerzen und Ataxie) kommen.
 
Diagnose
 
Der Direktnachweis von T. pallidum aus dem Exsudat von Primär- und Sekundärläsionen ist möglich (Dunkelfeldmikroskopie, Fluoreszenzmikroskopie, PCR), wird aber wenig genutzt. Die wichtigste Methodik ist die Serologie. Meist wird zunächst ein nicht erregerspezifischer Test eingesetzt wie der VDRL-Test. Damit erfasst man die akute Phase der Infektion und das sekundäre Stadium. Auch die Reaktion auf eine Therapie kann erfasst werden. Tests, die Antikörper auf T. pallidum erfassen, arbeiteten früher mit Erregern, die auf Tieren vermehrt wurden. Neuere Methoden sind billiger und leichter durchzuführen (z. B. ELISA); ihnen liegen geklonte Antigene zugrunde. Die Aussage der Tests ist mehr qualitativer als quantitativer Art. Oft bleiben sie lebenslang positiv.
Neuerdings gibt es auch schnelle Point-of-care- Tests. Sie haben besonderen Wert für das pränatale Screening, um eine kongenitale Syphilis zu vermeiden.
Falsch-positive nicht-treponemale Tests kommen vermehrt bei Patienten mit LE, Gravidität, chronischen Infektionen und parenteralem Substanzmissbrauch vor. Treponemale Tests sind seltener falsch-positiv.
 
Therapie
 
Für die Behandlung werden langwirkende Benzathin- Benzylpenicillin-Formulierungen empfohlen (bei früher Syphilis eine Einzelinjektion mit 2,4 Mega-Units, bei langer oder unbekannter Dauer diese Dosis wöchentlich in drei Wochen). Gibt es Probleme mit der parenteralen Therapie, kommen Procain-Penicillin, Doxycyclin oder Ceftriaxon infrage. Bei Neurosyphilis sind sehr viel höhere Dosen erforderlich.
Auf die Therapie reagieren 30 bis 50% der Patienten mit einer Jarisch-Herxheimer-Reaktion (Fieber, Muskelschmerzen, z. T. verstärkter Ausschlag). Die Symptome legen sich spontan binnen weniger als 24 Stunden.
Ein Ansprechen auf die Medikation zeigt sich normalerweise in einer Negativierung bzw. einem vierfachen Abfall der nicht-treponemalen Tests. Ein nennenswerter Teil der erfolgreich behandelten Patienten zeigt allerdings keinen Titerabfall. Bei später Syphilis ist der Prozentsatz höher. Solches Monitoring ist auch bei Neurosyphilis sinnvoll. Können wiederholt Liquorproben genommen werden, zeigt ein Leukozyten-Rückgang am frühesten das Therapieansprechen an.
In jedem Fall sollten alle sexuellen Partner des erkrankten Patienten (Kontaktzeitraum 30 bis 90 Tage) prophylaktisch behandelt werden (2,4 Mega- Units parenteral). WE


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Hook 3rd EW: Syphilis. Lancet 2017; 389: 1550-7

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