Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!
Die Sprache eines Menschen – und dabei vor allem seine mündlichen Äußerungen – lassen direkte Rückschlüsse auf sein Denken und seine Einstellung zu: „Die Galle auf Zimmer 16 hat Fieber.“ „Der Blinddarm auf Intensiv muss wieder in den OP.“ Wenn also Ärzte ihre Patienten im Alltag, auch wenn er hektisch ist, sprachlich auf ihre Diagnosen reduzieren, sagt das dann etwas über die ärztliche Einstellung ihnen gegenüber aus?
Nun könnte man argumentieren, dass die genannten Beispiele ja dem chirurgischen Alltag entnommen seien, und Chirurgen ja ohnehin eine spezielle Arzt-Patient-Beziehung pflegen. Aber wie sich auf dem diesjährigen Internistenkongress zeigte, sind offensichtlich auch Pneumologen nicht vor einer zumindest fragwürdigen Wortwahl gefeit. Wiederholt vernahm man bei Vorträgen zum Thema „chronisch obstruktive Lungenerkrankung“, dass der „COPDist“ am besten diese oder jene Therapie erhalte.
„COPDist“ ist als Synonym für Patienten, die unter einer COPD leiden, als bestenfalls ungeeignet zu bezeichnen. Das Suffix „-ist“ steht linguistisch nämlich dem „-ismus“ nahe, der häufig Lehren oder Ideologien bezeichnet, und damit oftmals für eine verkrampfte Einstellung zu etwas steht. Dem „COPDisten“ hingegen liegt jegliche Ideologie bezüglich seiner Erkrankung fern, und allenfalls die Atemhilfsmuskulatur mag zur Verkrampfung neigen.
Nennt sie, was sie sind: „Patienten mit COPD“. So kann zumindest ein wenig Paralogismus in der Medizin verhindert werden, zugunsten eines Professionalismus. Es sei noch konstatiert, dass sich Kardiologen immerhin selbst gerne als „Interventionalisten“ bezeichnen, wenn sie Herzkatheter in Koronarien schieben.
Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre Ihrer Praxis-Depesche!
Ihr
Dr. med. Christian Bruer
Chefredakteur