Schnittstelle Diabetologie-Urologie

Praxis-Depesche 6/2021

Blasenfunktion und Erektionsstörung bei Diabetes

Die Blasenkontrolle resultiert aus einem komplexen Zusammenspiel muskulärer und neurogener Faktoren und wird nicht vor dem dritten Lebensjahr erreicht. Bei Diabetiker:innen kann diese gestört sein.
„Die Blasenfunktion erfüllt die drucklose Speicherung des Harns, ein Druckanstieg würde den Urologen ähnlich beunruhigen wie eine Angina pectoris den Kardiologen“, verglich Prof. David Schilling, München. Er warnte vor den Folgen der diabetischen Neuropathie im Blasenbereich. Dazu gehören in der frühen Phase die überaktive Blase, dann die obstruktive Miktion und schließlich die hypotone Blase. Selbstverständlich müsse bei Männern auch immer differenzialdiagnostisch an eine BPH gedacht werden.
Zur Medikation bei überaktiver Blase stünden Anticholinergika zur Verfügung, die wegen Nebenwirkungen wie Obstipation und Mundtrockenheit eher als Bedarfsmedikation eingesetzt würden, betonte Schilling. Des Weiteren kommen auch Betamimetika in Frage und PDE5- Hemmer, die aufgrund der erwünschten Wirkung bei Erektionsstörungen häufiger angezeigt sind. Vor dem Einsatz von Anticholinergika sollte unbedingt eine Restharnkontrolle durchgeführt werden – zur Differenzierung von der Überlaufblase.
Bei obstruktiver Miktion wirken Alphablocker, die den Blasenauslass relaxieren. Sie sollten zur Nacht eingenommen werden, um die Hypotonie zu überbrücken. Psychologisch wichtig ist noch der Hinweis auf eine mögliche retrograde Ejakulation. Bei anstehender Operation eines grauen Stars sind die Augenärztinnen und -ärzte für den Hinweis auf ein mögliches Floppy-Iris-Syndrom dankbar.
Die hypotone Blase kann mit Cholinesterase- Hemmern behandelt werden. Doch stellt sich häufig nur eine geringe Wirkung bei starken Nebenwirkungen ein.
Als weitere Störung im urologischen Bereich nannte Schilling die erektile Dysfunktion (ED). Da die Gefahr eines fibrotischen Umbaus droht, sollte die Behandlung so früh wie möglich beginnen. Bei nachgewiesenem Mangel wird Testosteron transdermal auf Rücken oder Hüfte appliziert, nicht auf die Brust, um Haarwuchs bei den Partner:innen zu vermeiden. Von den PDE-Inhibitoren werden inzwischen Präparate mit ganz unterschiedlichen Wirkprofilen angeboten. Für ältere Patienten empfahl Schilling eine Wirkdauer von bis zu 36 Stunden. Zu beachten seien als Kontraindikationen kardiale Probleme und schwere Leberinsuffizienz. Als gute Alternative komme intraurethral zu applizierendes Alprostadil in Betracht. VW
Quelle: Virtueller Kongress: "Innere Medizin fachübergreifend. Spezielle Probleme von Menschen mit Diabetes: Schnittstelle zur Urologie." Diabetologie grenzenlos: Gynäkologie/Urologie, München/online, 26.2.2021
ICD-Codes: N13.9

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