Frau hält sich den schmerzenden Bauch und steht nach vorn gekrümmt.

Supplemente zweifelhafter Zusammensetzung

Praxis-Depesche 1/2024

Bleivergiftung durch ayurvedische Medizin

Bei Patient:innen mit abdominellen Schmerzen, mikrozytärer Anämie und basophiler Tüpfelung sollte man differenzialdiagnostisch eine Bleivergiftung in Betracht ziehen. Die gründliche Anamnese, vor allem die Frage nach der Einnahme von Supplementen, ist – neben der labordiagnostischen Untersuchung – unverzichtbar.
Praxisfazit
Neben Bauchschmerzen, mikrozytärer Anämie und basophiler Tüpfelung können Kopfschmerzen, Müdigkeit und kognitive Beeinträchtigungen Hinweise auf eine Bleivergiftung sein. Die Untersuchung des Blutbleispiegels kann eine unnötige Diagnostik vermeiden – Haar- und Urintests sind nicht aussagekräftig. Aufgrund unzureichender Evidenz für die Wirksamkeit der Chelattherapie sollte diese individuell und unter Expertenrat erwogen werden.

Eine 39-Jährige kam innerhalb von sechs Wochen zum dritten Mal mit Unterleibsschmerzen, Obstipation, Übelkeit und Erbrechen in die Notaufnahme. Ihre Vitalparameter waren normal, ihr Hb-Wert betrug 67 g/l (normal: 115–155 g/l) mit einem mittleren Zellvolumen (MCV) im Normbereich (88,5 fl). Das Blutbild zeigte außerdem eine basophile Tüpfelung, eine leichte Mikrozytose und eine Hypochromasie ohne Hämolyse. Eine Knochenmarkbiopsie zur Untersuchung der Anämie ergab eine mäßige bis deutliche Zunahme der Eisenspeicher. Weitere Untersuchungen waren ohne Befund. Die abdominellen Schmerzen der Patientin besserten sich und ihr Hb-Wert lag nach Transfusionen bei 70 g/l. Die Entlassungsdiagnose lautete Anämie unbekannter Ursache. Ihr wurden Analgetika und Laxanzien verordnet.

Bei der zweiten Nachuntersuchung vier Wochen nach Entlassung zeigte das Porphyrie-Screening erhöhtes Koproporphyrin III und δ-ALA. Auf weitere Nachfrage gab die Patientin an, seit über einem Jahr täglich ayurvedische Medikamente zur Fertilitätssteigerung einzunehmen. Sie hatte die Einnahme vor Hospitalisierung wegen der Unterleibsschmerzen unterbrochen, sie aber nach der Entlassung fortgesetzt. Ihr Blutbleispiegel betrug 55 μg/dl (normal < 2 μg/dl). Die Patientin setzte die ayurvedischen Arzneien ab und unterzog sich einer Chelattherapie mit 400 mg Succimer (oral fünf Tage 3 × tgl., dann 14 Tage 2 × tgl.).

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