Häufig überschätzt

Praxis-Depesche 1/2016

Die tatsächliche ADHS-Prävalenz

Wie häufig das Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS) wirklich vorkommt, wird heftig diskutiert. Aus den verfügbaren Daten ermittelten Forscher nun einen möglichst akkuraten Richtwert für die Prävalenz.

Im Rahmen einer Metaanalyse evaluierten die Forscher 179 Schätzwerte für die ADHS-Prävalenz aus 157 Publikationen (insgesamt über eine Million Patienten). Dabei wurde berücksichtigt, auf welchen Informationsquellen und welcher Version der Diagnosekriterien die Erhebungen beruhten. Die ADHS-Diagnosekriterien sind im Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders gelistet und wurden in den vergangenen Ausgaben DSM-III, DSMIII- R oder DSM-IV schrittweise erweitert.
Mit 31% stammten die meisten Studien aus Europa. Fast drei Viertel basierten auf Schulpopulationen und nur 10% auf Datenerhebungen aus der Gesamtbevölkerung. Die Höhe der in den Studien ermittelten Schätzwerte für die ADHS-Prävalenz hing stark davon ab, wer bei der Datenerhebung befragt wurde. Am gerings ten fielen die Prävalenzangaben aus, die von Medizinern stammten, gefolgt von Kindern, ihren Eltern und Lehrern. In aktuelleren Studien wurden allerdings hauptsächlich nur die Symptome zur Prävalenzberechnung herangezogen.
Insgesamt errechneten die Forscher eine gepoolte ADHS-Prävalenz von 7,2% (95%KI 6,7- 7,8). Je nach DSM-Edition reichten die Schätzwerte von 1 bis 12, 0,3 bis 11 bzw. 0,2 bis 34% (DSM-III, DSM-III-R bzw. DSM-IV). Welche Diagnosekriterien herangezogen wurden, spielte für die gepoolte Prävalenz keine signifikante Rolle. Vor allem regionale Unterschiede trugen signifikant zu der Variaton in den Prävalenzschätzungen bei.
Gemäß den Autoren kann eine ADHS-Prävalenz von 7,2% als guter Richtwert herangezogen werden. OH
Quelle:

Thomas R et al.: Prevalence of attention-deficit/ hyperactivity disorder: a systematic review and metaanalysis. Pediatrics 2015; 135(4): e994-1001

ICD-Codes: F90.

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