Pemphigus

Praxis-Depesche 20/2005

Eine selektivere Therapie ist das Ziel

Der Pemphigus ist eine seltene, aber sehr schwere Autoimmunkrankheit, die zur Blasenbildung an Haut und an der Schleimhaut führt. Unbehandelt verläuft er fast immer tödlich. Die derzeitigen Therapien sind unspezifisch.

Ursache sind Autoantikörper, die sich gegen Zelloberflächenantigene auf den Keratinozyten richten; diese verlieren ihre Adhäsionseigenschaften und lösen sich von einander, sodass Blasen innerhalb der Epidermis entstehen. Es gibt zwei Grundformen des Pemphigus - vulgaris und foliaceus (Pv und Pf). Beim Pemphigus vulgaris bilden sich die Blasen über der Basalzellschicht und gehen mit Autoantikörpern gegen Desmoglein 3 einher; beim Pemphigus foliaceus liegen sie unter dem Stratum corneum und sind mit Desmoglein-1-AK assoziiert. Pf kommt u. a. in Brasilien endemisch vor; ein Auslöser ist noch unbekannt. Beide Formen können in seltenen Fällen durch Arzneimittel ausgelöst werden. Die Diagnose des Pemphigus stützt sich auf die Übereinstimmung von klinischem Bild, Histologie und immunologischen Tests. Zum klassischen Bild gehören multiple schlaffe Blasen (bei Pf mit Juckreiz), die aus gesunder Haut heraus entstehen, bei Pv auch chronische schmerzhafte Ulzera der Mundschleimhaut (meist Erstsymptom) und u. a. evtl. auch im Pharynx, sowie ein positives Nikolsky-Phänomen. Dabei führt seitlicher Druck auf die Haut zur Lösung der Epidermis von der Dermis. Histologisch finden sich Blasen und akantholytische Zellen. Immunologisch gehen alle Formen des Pemphigus mit zirkulierenden und gewebegebundenen Antikörpern einher. Sensitivität und Spezifität gewebegebundene AK sind höher. Es handelt sich in der Regel um IgG; aber auch IgM und IgA (mit oder ohne C3) werden abgelagert. Die Therapie des Pemphigus gliedert sich in Initial-, Konsolidierungs- und Aufrechterhaltungsphase, in der sich oft nach längerer Zeit die Medikation ganz ausschleichen lässt. Üblicherweise werden Kortikosteroide eingesetzt, topisch, intraläsional und systemisch. Mit adjuvanter Medikation wird versucht, die Dosis zu verringern. Die Autoren haben bei Pv gute Erfahrungen mit Mycophenolatmofetil und MTX gemacht; bei Pf wird gerne Dapson gegeben. Die Plasmapherese birgt Risiken und wird zunehmend durch intravenöse Applikation von Immunglobulinen ersetzt. Bei schlecht heilenden Läsionen ist nach Superinfektionen zu fahnden. U. a. mit Sonnenschutz wird Exazerbationen vorgebeugt; auch zahnärztliche Eingriffe können dazu führen. Noch erprobt wird die Hemmung der Antikörperbildung mit Rituximab, einem monoklonalen Antikörper gegen CD20. Eine weitere Option ist die extrakorporale Immunadsorption, die, anders als Plasmapherese, nur gezielt IgG-Antikörper entfernt. Intravenöse Gabe von hoch dosierten Desmoglein-3-Peptiden soll Toleranz erzeugen, die akantholytische Aktivität mit Cholinergika gebremst werden. Wünschenswert wären insgesamt selektivere Therapiemaßnahmen. (EH)

Quelle: Bystryn, JC: Pemphigus, Zeitschrift: THE LANCET, Ausgabe 366 (2005), Seiten: 61-73

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