Zwei britische Hämatologen betonen, dass niedrige
Vitamin-B12-Spiegel ohne Mangel vorkommen können und normale Werte ein Defizit nicht ausschließen. Wie wichtig bei der Interpretation von
Vitamin-B12- und Folat-Werten Klinik, Blutbild und Blutausstrich sind, erläutern sie mit vier Fallbeispielen.
So fand sich ein MCV von 127 fl (normal 82 bis 92) bei einer Patientin, die wegen Polycythaemia rubra vera Hydroxycarbamid einnahm, das das MCV dosisabhängig erhöht (meist über 110 fl). Mit dem MCV steigt die Wahrscheinlichkeit von Vitamin-B12- und Folsäuremangel. Damit sind im Ausstrich hypersegmentierte Neutrophile und Makro-Ovalozyten assoziiert. Bei 100 bis 110 fl liegen u. a. eher Alkoholmissbrauch (einheitliche Makrozytose), Lebererkankungen (Target- oder Schießscheibenzellen), Hypothyreose und hämatologische Erkrankungen wie z. B. Hämolyse (Polychromasie) vor. Wenn bestimmte Mittel genommen werden, muss eine Makrozytose nicht weiter abgeklärt werden.
Bei einer über Müdigkeit klagenden Schwangeren fand sich bei normalem MCV und Folat ein B12-Wert von 140 ng/l (erniedrigt). Es lagen weder neuropsychiatrische Befunde noch Hinweise auf Malabsorption oder schwere oropharyngeale Ulzerationen vor, die bei B12-Mangel auch ohne Blutbefund auftreten können.
Die Autoren sprechen sich dafür aus, nur bei klinischen und anamnestischen Hinweisen Vitamin B12 und Folat zu bestimmen. Den niedrigen Wert bei dieser Patientin erklären sie mit dem schwangerschaftsbedingt erhöhten Blutplasma-Volumen.
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