Neue organspezifische Konzepte

Praxis-Depesche 12/2016

Gallenblasenkarzinom

Das Gallenblasenkarzinom (GB-Ca) ist eine seltene maligne Entität, deren Prognose generell eher als schlecht gilt. Über mögliche prämaligne Läsionen und die aus ihnen entstehenden invasiven Karzinome besteht Unklarheit. Es scheint eine gewisse „Organspezifität“ zu bestehen, was bedeutet, dass Erkenntnisse z. B. vom Kolonkarzinom nicht ohne weiteres auf das GB-Ca übertragen werden können. Autoren aus Japan stellten nun ein alternatives „Entstehungsmodell“ vor und geben Hinweise zum aktuellen und zukünftigen Management des Gallenblasenkarzinoms.

Das klassische Modell der Karzinogenese – auch beim GB-Ca – beschreibt, dass sich ein invasives Karzinom stufenweise aus Adenomen/Dysplasien entwickelt. Adenome der Gallenblase stellen sich aber typischerweise als gut demarkierte polypoide Läsionen dar. Man geht davon aus, dass die Adenom-Karzinom-Sequenz, wie man sie vom Kolorektalkarzinom kennt, für das GB-Ca eher nicht zutrifft. Vielmehr scheint beim GB-Ca eine maligne Transformation von Adenomen oder die Koexistenz von Adenomen mir GB-Ca sehr selten zu sein. Daher nimmt man an, dass eine Dysplasie-Karzinom-Sequenz beim Gallenblasenkarzinom am ehesten die maligne Tumortransformation beschreibt.
Grundsätzlich hängt eine pathologische Diagnose der Dysplasie dabei primär von Zellkernatypien ab, eine Metaplasie aber von Zytoplasma- Eigenschaften.
 
Klinisches Vorgehen
 
Die Gallenblase sollte nach jeder Cholezystektomie histologisch ausführlich und komplett untersucht werden. Generell wird die Cholezystektomie bei Gallenblasenpolypen empfohlen, die einen Durchmesser von 10 mm erreichen oder überschreiten. Finden sich in Polypen hochgradige Dysplasien, sollte der Pathologe das gesamte Präparat besonders genau untersuchen, denn es können in der „Restgallenblase“ auch andere karzinomatöse Veränderungen vorliegen.
 
Kontroverse Läsionen
 
Die Bedeutung der Adenomyomatose (ADM) und der xanthogranulomatösen Cholezystitis (XGC) ist nicht völlig geklärt. Die ADM gilt nicht generell als prämaligne. Dennoch lassen Studien vermuten, dass ihr ein Malignitätspotenzial innewohnt. Man weiß, dass die Karzinogenese in der Gallenblase mit Gallensteinen und/oder Entzündung korreliert. Man nimmt an, dass es weniger die ADM selbst, sondern die Entzündungseffekte sind, die zur Entartung beitragen. In einer eigenen Serie fanden die Autoren bei etwa 25% der invasiven GB-Ca auch ADM.
Auch das maligne Potenzial der XGC wird immer wieder diskutiert. Es gibt Vermutungen, dass diese Onkogene wie BCL-2 oder c-Myc hochreguliert, oder dass Entzündung, p53, PCNA oder Betacatenin eine Rolle spielen. Sicher und klinisch relevant ist, dass XGC ein GBCa imitieren kann, und dass man bei jeder Raumforderung im Leberhilus differenzialdiagnostisch an XGC denken sollte.
 
HER-2 und Antibiose
 
Aktuell wird die Rolle von HER-2 beim GB-Ca diskutiert. Frauen sind häufiger als Männer vom GB-Ca betroffen. In einer Untersuchung waren 17% aller GB-Ca-Patienten HER-2-positiv. Da man immer wieder Therapieprinzipien von einer Krebsentität auf eine andere übertragen hat, könnte es auch lohnend sein, die Therapie von Patienten mit GB-Ca mit gegen HER-2 gerichteten Substanzen weiter zu evaluieren. Studien dazu stehen allerdings noch aus.
Auch zum Thema „infektiöse Genese“ gibt es neue Überlegungen. Epidemiologische Hinweise, dass Infektionen mit Salmonella typhi und paratyphi mit dem GB-Ca assoziiert sind, gibt es schon länger. Nun liegt aber auch eine erste neue Evidenz vor, dass „nicht-typhische“ Salmonellen (z. B. S. typhimurium oder S. choleraesuis) eine Rolle bei der GB-Ca-Karzinogenese spielen könnten. Die chronische Entzündungsreaktion, die durch bakterielle Besiedelung verursacht werden kann, ist auch hier die Verbindung zur Entartung. Der antibiotischen Therapie dieser bakteriellen Infektion könnte also auch ein onko-protektiver Effekt zukommen – Studiendaten dazu allerdings fehlen noch. CB
Quelle:

Kai K: Organ-specific concept and controversy for premalignant lesions and carcinogenesis of gallbladder cancer. Hepatobiliary Surg Nutr 2016; 5(1): 85-7; Barreto SG, Dutt A: To improve outcomes of gallbladder cancer we need to better understand it! Hepatobiliary Surg Nutr 2016; 5(4): 379-81

ICD-Codes: C23

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