Die meisten Schätzungen der GFR basieren auf der Kreatinin-Clearance in Abhängigkeit verschiedener Variablen wie Alter, Geschlecht oder ethnische Zugehörigkeit. Weit verbreitet ist die Berechnungsformel der MDRD-Studie. Genauere Prognosen verschiedener renaler und kardiovaskulärer Endpunkte bei chronischer Nierenerkrankung liefert die Kreatinin-basierte GFR-Schätzung der CKD-EPI (Chronic Kidney Disease Epidemiology Collaboration).
Andere Gleichungen beruhen auf Cystatin C statt Kreatinin oder einer Kombination beider. Ein erhöhter Cystatin-C-Spiegel ist unabhängig von der GFR mit einem größeren Risiko für unerwünschte Ereignisse verbunden. Eine zusätzliche Berücksichtigung von Cystatin C bei der GFR-Berechnung kann daher die Genauigkeit der Prognosen verbessern. Erst ein Unterschied von 14% zwischen zwei berechneten GFR-Ergebnissen gilt als klinisch signifikant.
Für die klinische Praxis empfehlen die Autoren folgendes Vorgehen: Zur allgemeinen Diagnose und Überwachung einer chronischen Nierenerkrankung sollte man zunächst die GFR auf Basis der Kreatinin-Clearance schätzen und das Verhältnis von Albumin und Kreatinin im Urin bestimmen. Eine zweite GFR-Berechnung auf Basis von Cystatin-C wird bei Patienten mit leichter bis mittelstarker Erkrankung empfohlen (GFR 45 - 59 ml/min/1,73 m², keine Albuminurie). Ein Ergebnis unter 60 ml/min/1,73 m² bestätigt das Vorliegen einer chronischen Nierenerkrankung. Aufgrund der hohen Kosten sollte man von wiederholten Messungen und bei anderen Patientengruppen von einer Cystatin-CBestimmung absehen. Die Untersuchungsintervalle sollte man gemäß den Leitlinien wählen und ggf. individuell anpassen. OH