Häufige Fehlerquellen – Teil I

Praxis-Depesche 11/2019

Im klinischen Alltag

1. Denkfehler: Alle Patienten mit einer Troponinerhöhung im Blutserum hatten einen Myokardinfarkt.
Eine Myokardverletzung ohne Ischämie ist noch kein Myokardinfarkt. Auch bei minimalen und nicht-persistierenden Myokardschäden sowie bei Herzmuskelentzündungen kann Troponin erhöht sein. Denn obwohl Troponin ein myokardspezifischer Marker ist, beträgt seine Spezifität als Test für einen Myokardinfarkt höchstens 50 %, das bedeutet, es gibt viele falsch positive Ergebnisse. Seine Sensitivität liegt jedoch bei fast 100 %, was wiederum bedeutet, dass kaum ein Myokardinfarkt keinen erhöhten Wert hat. Troponinwerte steigen bei Vorliegen eines Herzinfarkts innerhalb von drei bis fünf Stunden an. Sie sollten nach einem kardialen Ereignis innerhalb der ersten Tage mehrfach bestimmt werden.
2. Denkfehler: Alle Patienten mit der Diagnose eines akuten Koronarsyndroms benötigen auf jeden Fall und sofort eine ergänzende Sauerstoff-Zufuhr.
Studien wiesen darauf hin, dass dieses Vorgehen nicht unbedingt unbedenklich ist, wenn der Patient eigentlich eine normale Sauerstoffsättigung aufweist. Ist allerdings die arterielle Sauerstoffsättigung auf w eniger als 90 % a bgesunken, sollte Sauerstoff zugeführt werden.
3. Denkfehler: Alle Patienten mit akuten Halsschmerzen, sowie Erythem und Exsudat im Pharynx müssen antibiotisch behandelt werden, um einem rheumatischen Fieber vorzubeugen.
Meist ist eine Pharyngitis viral bedingt, die wiederum häufig mit diesen Begleiterscheinungen einhergehen. Antibiotika bedeuten jedoch in diesem Falle nicht nur eine Verschwendung von finanziellen Mitteln, sondern begünstigen auch noch das Wachstum resistenter Bakterien. Eine antibiotische Therapie ist angebracht bei kulturellem Nachweis eines Streptococcus pyogenes.
4. Denkfehler: Alle Patienten, bei denen sich auf eine sublinguale Nitroglycerin-Gabe eine Besserung ihrer thorakalen Beschwerden einstellt, hatten gerade einen Angina-Pectoris-Anfall aufgrund einer zugrunde liegenden koronaren Herzerkrankung erlitten.
Viele Patienten mit Brustschmerzen berichten über eine Erleichterung nach Nitro-Gabe, manchmal handelt es sich vermutlich um einen Placebo-Effekt, aber auch Spasmen des Ösophagus können eine Angina pectoris imitieren und auf Nitro-Gabe positiv reagieren.
5. Denkfehler: Alle Patienten mit einer Rötung und Schwellung der unteren Extremität haben eine Zellulitis entwickelt und müssen infolge mit Antibiotika behandelt werden.
Eine chronisch-venöse Insuffizienz der Beinvenen imitiert häufig das Erscheinungsbild einer Zellulitis, spricht jedoch nicht auf eine Antibiotika-Gabe an. MMH
Quelle: Frishman WH, Alpert JS: Twenty common mistakes made in daily clinical practice. Am J Med 2019; Epub Jul 23; doi: 10.1016/j.amjmed.2019.06.045

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