Kasuistik

Praxis-Depesche 6/2020

Leoparden-Haut bei follikulärem Lymphom

Eine 58-jährige Frau stellte sich mit anhaltendem Fieber und Müdigkeit in der Klinik vor. Vor etwa neun Monaten hatten sich auf Armen und Gesicht hyperpigmentierte Läsionen gebildet, die ihrer Haut ein Leoparden-artiges Aussehen verliehen.
Die Flecken bildeten einen starken Kon­trast zur ansonsten hypopigmentierten Haut der Patientin –  schon vor Längerem war bei ihr die Weißfleckenkrankheit dia­gnostiziert worden. Bekannt war außerdem eine primäre Nebenniereninsuffizienz, weshalb sie mit Glukokortikoiden substituiert wurde. Labortests ergaben einen erniedrigten Serum-Kortisonspiegel sowie eine gesteigerte ACTH-Konzentration, woraufhin man die Hydrokortison- Dosis erhöhte. Bei der anschließenden CT-Untersuchung stellte man eine vergrößerte Milz und eine Lymphadenopathie fest.
Die histopathologische Analyse der axillären Lymphknoten legte schließlich die Ursache des erhöhten Glukokortikoid-Bedarfs offen: ein follikuläres Lymphom im Stadium 3B. Die Kosekretion des alpha-Melanozyten-stimulierenden Hormons mit ACTH schien den Kontrast der hyperpigmentierten Areale auf der ansonsten unpigmentierten Haut verstärkt zu haben. Nach Behandlung mit Bendamustin und Rituximab verschwanden die Lymphadenopathie sowie die Splenomegalie. Unter 20 mg Hydrocortison täglich war die Patientin beschwerdefrei.
 
Eine Hyperpigmentierung kann also auch Zeichen eines gesteigerten Bedarfs an Glukokortikoiden sein. Die Inspektion der Haut stellt daher bei Patienten mit einer Nebenniereninsuffizienz ein nützliches Diagnosetool dar. Vorsicht aber bei Patienten mit zugrundeliegender Haut­erkrankung: Bei diesen könnten die Symptome übersehen oder fehlinterpretiert werden. RG
Quelle: Henneicke H et al.: Leopard skin. Lancet Diabetes Endocrinol 2020; 8(5): 456

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