Hämophilie-Therapie
Praxis-Depesche 1-2/2020
Neue Wege der Versorgungsstruktur
Aktuelle Entwicklungen im Therapie-Management der Hämophilie machten Neuerungen in Versorgungs-Regime notwendig. Das GSAV kippt die bewährte Versorgungsstruktur der direkten Abgabe von Hämophilie-Präparaten durch Fachärzte und legt den Vertrieb in die Hand der Apotheken.
Kommentar
Die Umstellung stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen. Nach anfänglicher Verunsicherung und möglicher Kostensteigerung, könnte diese jedoch auch Chancen bergen.
Never change a running team – dieses Sprichwort wurde mit dem neuen „Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung“ (GSAV) außer Kraft gesetzt. Faktorprodukte wurden bisher direkt über Hämophilie-Zentren abgegeben und auch dort dokumentiert. Nach einer Übergangsfrist fällt der etablierte, einheitliche Vertriebsweg ab dem 15.8.2020 weg und Apotheken übernehmen die Abgabe aller Arzneimittel zur spezifischen Behandlung von Blutgerinnungsstörungen. Ein Vorgang, der Betroffene, Ärzte und Apotheker gleichermaßen vor Herausforderungen stellt. Zum einen wird eine Schwächung der Hämophilie-Zentren befürchtet, wenn zukünftig auch Hausärzte rezeptieren dürfen, wie Prof. Johannes Oldenburg, Bonn, im Rahmen einer Veranstaltung von Takeda aufzeigte. Zum anderen wird es einer engen Verzahnung aller Beteiligten bedürfen, um das Deutsche Hämophilie-Register weiterhin mit wichtigen Daten für die Dokumentation zu versorgen. Apothekerin Claudia Neuhaus, Berlin, ist zuversichtlich, dass die Apotheken den administrativen Aufgaben gewachsen sind. Eine größere Herausforderung liegt ihrer Meinung nach in der Erstellung neuer Beratungsleitlinien, dem Umgang mit temperatursensiblen Arzneimitteln sowie der Regelung der Rezeptgebühr und therapierelevanter Packungsgrößen. Ein optimales Patientenmanagement beinhaltet darüber hinaus die Bereitstellung von Notfallmedikamenten und die Gewährleistung einer zentrumnahen Versorgung. Die Experten waren sich einig, dass die Umstellung nach der ersten Verunsicherung und möglicher Kostensteigerungen zu Beginn auch Chancen birgt, die es zu nutzen gilt. Umfassende Informationen rund um das Thema GSAV werden unter www.gsavheminfo.de bereitgestellt. LB
Quelle: Fachpressekonferenz: „Zukunftsperspektive Hämophilie-Therapie; GSAV – Eine Standortbestimmung“, Hamburg, 8.11.2019
ICD-Codes:
D66