64. Deutscher Kongress für Endokrinologie

Praxis-Depesche 5/2021

Osteoporose leitliniengerecht behandeln

Der 64. Deutsche Kongress für Endokrinologie stand unter dem Thema „Von Seltenen und Häufigen“ und bildete ein breites Spektrum an Themen, von genetischen Krankheitsgrundlagen bis zu leitliniengerechten Therapien – so auch zu Störungen des Knochenstoffwechsel, speziell zur Osteoporose.
Interdisziplinäre Versorgung
In ihrem Beitrag zur interdisziplinären Versorgung der Osteoporose in einer alternden Gesellschaft stellte Prof. Heide Siggelkow, Göttingen, fest, dass niedrig-traumatische und traumatische Frakturen bei Frauen > 50 und bei Männern > 60 Jahren eine Indikation für eine weitere Diagnostik sind. So war das Risiko eine Folgefraktur zu erleiden innerhalb der ersten zwei Jahre nach einer initialen Fraktur am höchsten. Über 10 % der Patient:innen mit vertebraler oder Hüftfraktur zeigten eine Folgefraktur innerhalb von einem Jahr, wobei die Zeit zur Folgefraktur im Durchschnitt 145 Tage betrug. Patient:innen haben nach einer Hüftfraktur eine geringere Lebensqualität. Und trotzdem – selbst nach mehreren Frakturen erhält nur jeder zweite Patient eine entsprechende Behandlung, obwohl die Therapie der Osteoporose zahlreiche positive Nebeneffekte im zweistelligen Prozentbereich im Vergleich mit Nebenwirkungen im Promillebereich beinhaltet. Die Diagnose einer Osteoporose kann erst nach Ausschluss anderer Erkrankungen sicher gestellt werden. In diesem Zusammenhang verwies Siggelkow auf das FLS-CARE – Fracture Liaison Service (FLS) Projekt zur Implementierung einer integrierten Versorgungsstruktur zur Vermeidung von Osteoporose-bedingten Folgefrakturen. Sie berichtete über die Erfolge der zweiten Phase des FLS an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), wo nach der Einführung einer FLS-Koordinatorin die weitere Diagnostik und die entsprechende weitere Behandlung stark optimiert wurde. So entschieden sich über 50 % der 633 Patient:innen mit entsprechender Fraktur zu einer FLS-Aufnahme. Aktuelle Entwicklungen, wie die Förderung des FLS, die Auflage eines neuen Disease-Management- Programms (DMP) Osteoporose Anfang 2020, Kampagnen des Aktionsbündnisses Osteoporose (Knochen.Stark. Macher) könnten die dramatische Unterversorgung der Menschen mit Osteoporose in Deutschland verbessern.
 
Genetik und Osteoporose
Prof. Uwe Kornak, Facharzt für Humangenetik der Universitätsmedizin Göttingen, verwies im Rahmen seines Vortrags zur Genetik der juvenilen Osteoporose darauf, dass auch erblich bedingte Funktionsstörungen basierend auf häufigen aber auch seltenen Genvarianten durch verzögerten Knochenaufbau oder beschleunigten Knochenabbau zu einer pathologisch niedrigen Knochenmineraldichte (BMD) führen können. Derzeit lässt sich ca. 20 % der BMD-Varianz, die das Risiko der Altersosteoporose beeinflusst, durch häufige Varianten in über 500 Genloci erklären. Bei einem signifikanten Teil der erwachsenen Patient:innen mit frühmanifester Osteoporose, einer vor dem 55. Lebensjahr auftretenden Osteoporose, handelt es sich jedoch um seltene Varianten der monogenen Krankheitsursache. Aufgrund der sehr oft moderaten aber auch variablen klinischen Manifestation bietet die genetische Diagnostik die Möglichkeit einer zuverlässigen molekularen Zuordnung der Erkrankung, der Prognose und passender Therapien. Mithilfe eines polygenen Risiko-Scores wäre in einem nächsten Schritt die Übertragung eines personalisierten Ansatzes auch auf die Altersosteoporose vorstellbar.
 
Phosphatdiabetes
Dr. Lothar Seefried, Würzburg, ging auf den Phosphatdiabetes (XLH, x-linked hypophosphatemia) ein. Studienergebnisse belegten, dass der größte Teil der Patient: innen mit XLH, 81,8 % der Kinder und 85 % der Erwachsenen, die mit Phosphaten und aktivem Vitamin D behandelt wurden, einen sekundären Hyperparathyreoidismus entwickelten. In 16,7 % wurde auch ein tertiärer Hyperparathyreoidismus beobachtet, der mit einer Nephrokalzinose sowie niedrigeren EGFR (Epidermal Growth Factor Receptor )-Werten assoziiert war. Vielversprechend sind Daten der Behandlung mit Burosumab, einem monoklonalen Antikörper gegen den Fibroblasten-Wachstumsfaktor 23, der im Phosphatstoffwechsel eine wichtige Rolle spielt. Burosumab führte zudem zu einer Verbesserung histomorphometrischer Parameter im Zusammenhang mit Osteomalazie. GH
ICD-Codes: M81.9 , E83.3

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