Studiendaten belegen, dass Personen mit langfristigen Erkrankungen zwei bis dreimal häufiger mit mentalen Problemen in Erscheinung treten als die Allgemeinbevölkerung. Sollten bei jungen Menschen vermehrt Angstgefühle, gedrückte Stimmung, Desinteresse an der eigenen Erkrankung oder am sozialen Leben zu beobachten sein, empfiehlt es sich, validierte psychologische Screeningmethoden in Betracht zu ziehen, um eine rechtzeitige Überweisung zu einer passenden psychologischen Behandlung sicherstellen zu können.
Auch Essstörungen treten zweimal häufiger bei jungen Menschen mit Diabetes auf als bei gesunden Gleichaltrigen. Bei einer Diabulimia, einer Essstörung bei Patienten mit T1D, nehmen die Patienten bewusst weniger Insulin oder auch gar kein Insulin mehr, um Körpergewicht zu reduzieren. Indikatoren für Essstörungen sind Gewichtsverlust, das Vermeiden der Gewichtskontrolle, Insulin nicht mehr nehmen zu wollen, die Kohlenhydrataufnahme und auch den Blutzuckerspiegel nicht mehr regelmäßig zu monitoren. In einer longitudinalen Studie über zehn Jahre wurde bei 42 % der 92 Jugendlichen mindestens eine Episode mentaler Probleme, wie Depressionen, Angst, zwanghaftes und/oder Vermeidungsverhalten beobachtet. So wird in einer Studie des britischen Klinikaerzteverbandes für Kinder mit Diabetes empfohlen, dass eine Diabetesschulung- und Betreuung auch die mentale Gesundheit mit einbezieht, mit regelmäßigen Einschätzungen und eventuellen zeitnahen Überweisungsmöglichkeiten zu entsprechenden Behandlungen. Dabei sollten auch die Angehörigen nicht außer Acht gelassen und Eltern unterstützt werden beim Management der Erkrankung.
Mögliche Screeningtools wären der Diabetes Distress Scale für Typ-1-Diabetes (T1-DDS), der Fragebogen zu Problembereichen der Diabetesbehandlung (PAID 20), der Gesundheitsfragebogen für Patienten (PHQ-4) oder der Pediatric Quality of Life InventoryTM (PedsQLTM). Im Fall von Empfehlungen zu einer Weiterbehandlung der Patienten sollte sichergestellt sein, dass diese auch wissen, an wen direkt sie sich wenden können und wo Möglichkeiten einer passenden zeitnahen Behandlung bestehen. Hilfreich erwiesen sich hierbei lösungsorientierte Therapieansätze, Vermittlung von Bewältigungskompetenzen, kognitive Verhaltenstherapie oder auch problemorientierte Familientherapien.
In der ärztlichen Praxis mit jungen Menschen mit T1D könnte es zudem helfen, spezifische und messbare Ziele zusammen mit dem Patienten zum Management der Erkrankung zu erarbeiten und diese auch in kleineren Schritten versuchen zu erreichen. Ermutigt werden sollten die Patienten auch zu Kontakten mit Diabetikerverbänden und Selbsthilfegruppen aber auch zu Vereinen, in denen sie ihren Hobbies nachgehen können. GH