Amerikanischer Pneumologenkongress 2019 in Dallas, Texas

Praxis-Depesche 7/2019

Praktische Tipps für bessere Diagnostik und Therapie bei EAA, IPF, Sarkoidose & Asthma

Dallas (Texas, USA) ist im Wesentlichen bekannt für die gleichnamige Fernsehserie aus den 1970/80ern und das Attentat auf John F. Kennedy 1963. Aber Dallas ist auch eine der wichtigsten Kongress-Städte der USA. Und so trafen sich Pneumologen aus aller Welt auf dem ATS 2019 (American Thoracic Society) und tauschten sich zu praxisnahen Themen aus.
EAA und IPF besser unterscheiden
Die Unterscheidung zwischen einer Hypersensitivitätspneumonitis (EAA, exogen- allergische Alveolitis) und einer idiopathischen Lungenfibrose (IPF) kann in der Praxis schwierig sein. An der University of British Columbia in Vancouver, Kanada, setzte sich daher ein Experten-Panel zusammen und diskutierte anhand von Kasuistiken mit vorliegender Lungenbiopsie mögliche Unterscheidungskriterien für EAA und IPF.
Folgende Parameter sprachen dabei für das Vorliegen einer IPF: klinisch: höheres Alter bei Diagnose, männliches Geschlecht und höhere vorhergesagte FVC (%); radiologisch: Fehlen von diffusen Verschattungen im Röntgen-Thorax; histologisch: geringerer Bronchioli-Anteil mit peribronchiolärer Metaplasie, weniger peribronchioläre Metaplasie/cm2, mehr Fibroblasten- Foci/cm2, subpleurale Fibrose und Fehlen von Granulomen und Riesenzellen. Dabei kam es im Entscheidungsprozess des Panels im Verlauf immer wieder auch zu Änderungen der als am wahrscheinlichsten zutreffenden Diagnose. Eine Biopsie trug meistens zur Erhöhung der diagnostischen Sicherheit bei; allerdings ließen sich klare Hinweise, wann eine Biopsie indiziert ist, nicht definieren.
 
Mortalität bei IPF
Mit der nicht nur für Patienten wichtigen Frage, wie der natürliche Verlauf einer IPF aussieht, beschäftigte sich ein weiteres Poster. Hierzu analysierten die Autoren 170 publizierte Studien und sahen sich insbesondere die Mortalität, die Lungenfunktionswerte und die Lebensqualität der Patienten in dem jeweiligen Placebo-Arm der Studien an (Placebo-Arm war dabei definiert als das Fehlen einer Nintedaniboder Pirfenidon-Therapie). Man fand, dass IPF-Patienten ohne eine effektive Therapie im Median nur 3,4 Jahre überlebten. Das Gesamtüberleben betrug nach einem Jahr 88 % und nach fünf Jahren lediglich 31 %. Nach einem Jahr hatte sich die Lungenfunktion der Patienten im Schnitt wie folgt verändert: FVC (% vorherges.) -6,8 %; FVC -220 ml, 6-MWD -37 m, SGRQ +3,65. Diese Daten sind zur Beratung von IPF-Patienten und zur Therapieplanung gewiss wertvoll.
 
Sarkoidose-Verlauf vorhersagen
Die Sarkoidose ist eine granulomatöse Multiorganerkrankung unbekannter Ätiologie. Sie zeigt sich in der Klinik heterogen, und der Verlauf und das Outcome sind im Einzelfall nur schwer vorherzusagen. Japanische Forscher untersuchten daher 94 Patienten mit Lungensarkoidose nach.
Bei Diagnosestellung waren die Patienten im Schnitt 64 Jahre alt und das Frauzu- Mann-Verhältnis betrug 2,4 : 1. Als prognostisch günstige Faktoren stellten sich ein jüngeres Alter bei Diagnose und ein höherer Anteil an Lymphozyten in der Bronchiallavage heraus. Einen schlechteren Verlauf nahmen Patienten, die höhere Werte von löslichem IL-2-Rezeptor aufwiesen. Auch wenn es sich um eine kleine Studie an einem japanischen Kollektiv handelt, könnten diese Ergebnisse wertvoll zur Vorhersage eines individuellen Krankheitsverlaufs sein.
 
Vor Allergiesaison IG-E blocken
Randomisierte Studien an Kindern, die in Stadtzentren leben und unter persistierendem Asthma leiden, konnten bereits zeigen, dass eine vor-saisonale Behandlung mit dem Anti-IgE-Antikörper Omalizumab (zusätzlich zur Standard-Therapie) die Exazerbationsrate im Herbst senken kann. Dieser Effekt wurde nun in einer Real- life-Kohorte bestätigt. Schulkinder zwischen 6 und 17 Jahren, die zwischen Juli und August erstmals und dann kontinuierlich bis November Omalizumab erhalten hatten, wurden anhand einer Datenbank ausgewertet. Die Exazerbationen wurden jeweils mit dem Vorjahr verglichen, in dem die Patienten den Anti-IgE-Antikörper nicht erhalten hatten (n = 58 zwischen 6 und 11 Jahren; n = 220 zwischen 12 und 17 Jahren). Die Rate an Kindern mit Herbst-Exazerbationen sank von dem Jahr ohne Omalizumab mit 55 % auf 22 % mit vor-saisonaler Omalizumab-Gabe. Bei den Jugendlichen war die Abnahme mit 30 vs. 25 % geringer. Das Prinzip der Exazerbationsreduzierung durch eine Anti-IgE-Therapie, die bereits vor der Allergie-Saison begonnen wird, scheint also auch in der Versorgungssituation außerhalb von randomisiert-kontrollierten Studien zu funktionieren. Weshalb allerdings der Effekt bei Kindern wesentlich ausgeprägter war als bei Jugendlichen, lässt sich aktuell noch nicht erklären.
 
Computer vs. Mensch auf Intensiv
In der Session „Clinical Year in Review“ stellten die Referenten die ihrer Meinung nach wichtigsten Veröffentlichungen des vergangenen Jahres vor. Prof. Christopher Seymour, Pittsburgh, USA, wählte unter anderem eine Studie, in der Ärzte auf der Intensivstation gegen Computer antreten mussten. Dazu ließ man die Daten von zahlreichen Verläufen von Patienten, die mit Sepsis auf einer Intensivstation behandelt werden mussten, in ein KI-Modell einfließen („KI-Arzt“; künstliche Intelligenz). In dem Modell wurde besonders analysiert, wie viel Flüssigkeit i.v. bzw. wie viel Vasopressoren Ärzte ihren Patienten verabreichten, und welche Auswirkung das auf das Überleben der Patienten hatte. Daraus berechnete der Computer ein in Bezug auf die Mortalitätsvermeidung „ideales Behandlungsschema“. Dieses wurde dann in einem zweiten Schritt mit den tatsächlichen Verordnungen von Ärzten auf der Intensivstation verglichen. Man sah, dass die Therapie der „echten“ Ärzte sich deutlich von der der „KI-Ärzte“ unterschied, wobei erstere häufiger Vasopressoren einsetzten, während der Computer- Algorithmus eher eine Flüssigkeitsgabe empfahl. Seymours abschließende Bewertung der Studie: „‚KI-Arzt‘ klingt nicht nur ziemlich cool, vielleicht erspart mir die künstliche Intelligenz auf der Intensivstation zukünftig auch noch einige Nachtschichten. Aber im Ernst, hier handelt es sich um ein komplexes Modell für Maschinenlernen, dass für ‚menschliche‘ Ärzte durchaus praktikabel anwendbar zu sein scheint.“ CB

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