Farbiger Streifen zum Selbsttest

Makro- und Mikrohämaturie

Praxis-Depesche 11/2021

Schwierig zu diagnostizieren, aber nicht unmöglich

Eine sichtbare (makroskopische) Hämaturie ist auffällig, insbesondere wenn es kein vorausgehendes Ereignis gibt (wie z. B. ein Trauma, eine Dysurie aufgrund einer Blasenentzündung oder Schmerzen bei der Passage eines Nierensteins), die eine klare Erklärung liefern. Im Gegensatz dazu kann eine nicht sichtbare (mikroskopische) Hämaturie oder Mikrohämaturie jahrelang unentdeckt bleiben.
Bei vielen Patienten wird eine Mikrohämaturie erst festgestellt, wenn aus anderen Gründen eine Urinuntersuchung durchgeführt wird. Die gemeldete Prävalenz der Mikrohämaturie variiert stark und reicht von einem geringen Prozentsatz der Patienten beim Screening bis zu mehr als 40 % in einigen urologischen Kliniken, die Leitlinien der American Urological Association (AUA) geben eine Prävalenz zwischen 2,1 % und 31,4 % an. Daher ist eine Diskussion der Epidemiologie an sich weniger wichtig als eine Betrachtung der individuellen Patientenumstände. Da sowohl die sichtbare Hämaturie als auch die Mikrohämaturie mit Blasen- und Nierenkrebs in Verbindung gebracht werden, liegt der Schwerpunkt der Untersuchung seit Langem auf dem Ausschluss von Krebs.
Roter, rosafarbener, „rostiger“ oder brauner Urin kann auf eine Hämaturie hindeuten, kann aber auch auf andere Substanzen als Blut zurückzuführen sein. Moderne Harnteststreifen weisen Erythrozyten sowie Hämoglobin und Myoglobin nach. Wenn ein Test Hämoglobinpositiv ist, wird eine mikroskopische Untersuchung des Urins erforderlich, gefolgt von weiteren Tests zur Bestätigung der Hämaturie und möglicherweise zur Bestimmung ihrer Ursache. Es ist umstritten, ob bei der Bewertung der Mikrohämaturie invasive Untersuchungen wie eine Zystoskopie durchgeführt werden sollten, obwohl die jährliche Inzidenz von Harnwegskrebs erheblich ist.
Angesichts des breiten Spektrums an Differenzialdiagnosen und der unterschiedlichen Berichte über die Bedeutung der Mikrohämaturie gibt es derzeit unterschiedliche Leitlinien. Trotz der hohen Prävalenz der Hämaturie existiert somit international kein einheitlicher evidenzbasierter Algorithmus zur diagnostischen Abklärung. Zum Ausschluss therapiebedürftiger Erkrankungen müssen alle potenziellen Ursachen der Hämaturie bedacht und individuelle Risikofaktoren berücksichtigt werden. Die Arbeitsgruppe um Christian Bolenz schlägt eine „risikoadaptierte Untersuchung“ vor, d. h. einen personalisierten und risikoadaptierten Ansatz für die Untersuchung, der auf der Ansicht beruht, dass jeder Patient mit Hämaturie untersucht werden, aber nicht jeder mögliche Test verwendet werden sollte. Wenn keine Ursache gefunden wird, sei es ab einem bestimmten Punkt sinnvoll, mit der Ungewissheit zu leben, so die Arbeitsgruppe.
Die Nachsorge des Patienten mit Mikrohämaturie hängt von der Anamnese und der Bewertung ab. In Ermangelung einer spezifischen Diagnose wird eine intervallmäßige Überwachung als wichtig erachtet. VW
Quelle: Ingelfinger JR et al.: Hematuria in Adults. N Engl J Med 2021; 385(2):153-163
ICD-Codes: R31 , R31
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