Risikofaktoren gesucht

Praxis-Depesche 9/2011

Typ-1-Diabetes: der initialen Ketoazidose zuvorkommen

„Oxbridge“ engagiert sich bei diesem Thema. In Cambridge gibt es eine „General Practice and Primary Care Research Unit“, in Oxford ist das „Department of Primary Health Care“ an der Arbeit beteiligt. Vier Autoren werteten Studien aus, die zwischen Kindern und jungen Erwachsenen ohne und mit diabetischer Ketoazidose beim Beginn des Typ-1-Diabetes unterschieden. Vorher einzugreifen, dürfte möglich sein.
Praxisfazit
?! Todesfälle bei diabetischer Ketoazidose (sie ist weiterhin eine führende Ursache von Morbidität und Mortalität bei Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes) werden hauptsächlich durch Hirnödeme verursacht. Hinzu kommen Hypokaliämie, Lungenödem, zerebrale Thrombosen oder Infarkte und Rhabdomyolyse. Die Ketoazidose-Prävalenz zu Diabetesbeginn hat sich in Deutschland und Österreich von 1995 bis 2007 nicht verringert. Eine Reduktion ergab aber eine Aufmerksamkeitskampagne zu Risiken und Symptomen für Allgemeinheit und Ärzte in Italien. Die kommentierende Pädiaterin erklärt, dass Fragen nach Polyurie und En­uresis zu jeder Anamnese gehören. Bei jedem kranken Kind, besonders unter sechs Jahren, sind Urintests auf Glukose und Ketone indiziert (Ketone im Blut werden gemessen, wenn kein Urin produziert werden kann). Die Verfasserin empfiehlt Aufklärung wie in Italien, durch die die Ketoazidoserate in zwei Jahren von 78% auf fast null sank. Auch nach acht Jahren zeigte sie noch Wirkung.
Bowden SA.: Diabetic ketoacidosis at the onset of type 1 diabetes. Ebd. 103

Global nimmt die Inzidenz des Typ-1-Diabetes bei Kindern pro Jahr um 3% zu. 10 bis 70% von ihnen weisen bei der Diagnose eine diabetische Ketoazidose auf, charakterisiert durch die Trias Hyperglykämie, Azidose und Keton­­urie. Die Diagnose-Kriterien der International Society for Paediatric and Adolescent Diabetes lauten: Blutzucker über 11 mmol/l (ca. 200 mg/dl), pH-Wert venös unter 7,3 oder Bikarbonat unter 15 mmol/l und Ketonämie und Ketonurie*. Das Risiko lebensbedrohlicher Komplikationen wie Hirnödem ist beträchtlich. Die Keto­azidose stellt die häufigste Ursache Diabetes-assoziierter Todesfälle bei Kindern dar. Auch scheint der weitere Verlauf dadurch beeinflusst zu werden. Liegt sie bei der Diagnose vor, ist u. a. die Restfunktion der Betazellen geringer und es kommt seltener zur Remission. Bisher ist unklar, warum manche Kinder mit Ketoazidose und andere ohne zum Arzt gebracht werden und ob das Problem entsteht, weil verzögert diagnostiziert und behandelt wird oder weil eine besonders aggressive Diabetesform vorliegt (letzteres beantwortet auch diese Arbeit nicht).

Die Verfasser berücksichtigten Studien ausreichender Qualität, in denen die Ketoazidose-Definition eine pH- oder Bikarbonat-Bestimmung enthielt. Erwartet und gefunden wurden unterschiedliche Definitionen; alle enthielten pH-Werte (7,2 und darunter bis unter 7,36) oder Bikarbonat-Werte (unter 15 bis zu 21 mmol/l). 46 Studien mit über 24 000 Kindern aus 31 Ländern bewerteten insgesamt 23 Faktoren. Meist nahmen Neugeborene bis fast 18-Jährige teil, zweimal aber auch junge Erwachsene bis zu 20 und 21 Jahren.

Mit einem höheren Ketoazidose-Risiko assoziiert wa­ren mehrere Faktoren, so das Alter. Die Odds Ratio (OR) für Kinder unter zwei Jahren vs. ältere betrug 3,41; für eine Grenze von fünf Jahren lag sie bei 1,59. Wurde bei der ersten Konsultati­on eine andere Diagnose als Diabetes gestellt, ergab sich eine OR von 3,35. Erhöhte ORs fanden sich auch bei Zugehörigkeit zu ethnischen Minoritäten oder fehlender Krankenversicherung in den USA, geringerem BMI, vorangehender Infektion und bei verzögerter Behandlung (mehr als 24 h nach Diagnose; OR 1,74). Niedri­­ger war das Risiko u. a. wenn Verwandte ers­­­ten Grades Typ-1-Diabetes hatten. Die Symptomdauer war ähnlich – mit Ketoazidose im Schnitt 16,5 Tage und ohne 17,1 Tage. Bis zu 38,8% der Kinder mit Keto­azidose waren zuvor mindestens einmal beim Arzt gewesen.

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