Präsentation: Das Mädchen hatte eine Vorgeschichte von Neurofibromatose Typ 1 sowie kongenitaler Skoliose, wegen der es im Alter von 14 Jahren einer Versteifungs- OP unterzogen worden war. Atemwegsbeschwerden waren allerdings bisher nicht aufgefallen und auch die Familienanamnese war dahingehend unauffällig.
Von Husten oder Giemen wurde bei der Patientin nicht berichtet, und auch im Schlaf war sie beschwerdefrei. Wie die Mutter schilderte, waren ihr bei ihrer Tochter aber gelegentlich Dyspnoe-Episoden und Atemgeräusche aufgefallen, vor allem in geschlossenen Räumen und zunehmend, wenn das Mädchen Zeit draußen verbracht und dabei eine Maske getragen hatte. Dabei ist anzumerken, dass zu der Zeit, in der sich der Fall ereignete, noch strengere Pandemiebestimmungen zum Maskentragen im Alltag galten.
Das Mädchen selbst beschrieb ihre Beschwerden als Schwierigkeit beim Einatmen und zeigte mit der Hand dabei auf ihren Rachen. Aufgrund der Dyspnoe wurde ein Asthma vermutet und ein Therapieversuch mit Bronchodilatatoren gestartet, der allerdings wirkungslos blieb.
Diagnostik und Therapie: Bei der Untersuchung in der Klinik in Tel Aviv atmete die Patientin normal und ihre Lungen waren ohne Befund. Als man sie aber ihre Maske tragen ließ, atmete sie schon nach kurzer Zeit schneller, angestrengter und geräuschvoller, mit minimaler retrosternaler Retraktion. An der Sauerstoffsättigung änderte sich nichts.
Bei mehrfacher Auskultation zeigte sich ein minimaler inspiratorischer Stridor, die Stimme blieb unverändert. Die Symptome kamen vollständig zum Erliegen, nachdem das Mädchen die Maske wieder abgelegt hatte.
Die Ergebnisse bei der Untersuchung der Lungenfunktion (Full-Loop-Spirometrie) fielen normal aus, ebenso wie das fraktionierte exhalierte Stickstoffmonoxid (FeNO). Auch die Röntgenaufnahmen von Thorax und lateral vom Hals blieben befundlos. Ein laryngoskopischer Blick (durch die Nase und ohne Maske) offenbarte ebenfalls nichts Ungewöhnliches. Als Arbeitsdiagnose stellte man eine Atemnot oder Hyperventilation in Reaktion auf das Maskentragen fest.
Um die Symptome in den Griff zu bekommen, verschrieb man dem Mädchen eine Schulung mit Atemübungen, nach der sie über eine Besserung der Symptome berichtete. Bei der Folgeuntersuchung drei Monate später waren alle Symptome vollständig zum Erliegen gekommen – vermutlich auch wegen den inzwischen geltenden Lockerungen der Maskenpflicht.
Diagnose: Masken-induzierte Atemnot und Hyperventilation
Gezielte Atemschule
Auch, wenn die Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie erheblich gelockert wurden und Masken nur noch in wenigen Situationen Vorschrift sind, werden sie uns als Werkzeug zum Infektionsschutz vermutlich auch weiterhin erhalten bleiben. Im Allgemeinen schränkt das Tragen einer Maske die normale Atmung nicht signifikant ein. Für einige Menschen, insbesondere Patient:innen mit Atemwegserkrankungen, aber auch Patient:innen mit Angststörung oder Klaustrophobie kann das Atmen durch die Maske jedoch problematisch sein. Auch manche Kinder können sich mit dem Maskentragen schwertun. Es kann potenziell Ängste auslösen und, wie hier beschrieben, zu einer Hyperventilationsreaktion führen. Diese kann sich u. a. in somatischen Symptomen wie Dyspnoe, Schwierigkeiten beim Luftholen oder einem Engegefühl in der Brust äußern und daher üblichen Atemwegserkrankungen wie Asthma ähneln. Neben der hier beschriebenen Patientin wurden noch zwei weitere Kinder mit derselben Problematik zur weiteren Abklärung in der Klinik vorstellig. Eine sorgfältige klinische Untersuchung möglicher intra- und extrathorakaler Ursachen der Dyspnoe im Rahmen der Primärversorgung hilft, Fehldiagnosen zu vermeiden. Patient:innen, bei welchen das Maskentragen eine Hyperventilation provoziert, sollte man aufklären und Atemübungen für zu Hause an die Hand geben (siehe Tab. 1).
Einfache Atemübungen zur Vermeidung von Hyperventilation |
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