Hypophysenadenomen

Hypophysen-Adenome

Praxis-Depesche 3-4/2021

Welche Endokrinopathie darf es sein?

Hypophysenadenome stellen etwa 15 % aller intrakraniellen Tumoren dar. Das Management dieser gutartigen Neubildungen bedarf einer genauen Diagnose der speziellen intrasellären Situation und eine multidisziplinäre Behandlung sowohl der lokalen Situation als auch der peripheren Endokrinopathien.
Zur Adenomentwicklung in der intrakraniellen Sella können Zellen unterschiedlicher Abstammung beitragen. Oft führen diese zu einer Hypersekretion unterschiedlicher Hormone. Bilden Corticotropin- sezernierende Zellen (Corticotropin = ACTH) den Ursprung, kann es zu einem M. Cushing kommen, sind es Wachstumshormonproduzierende Zellen (GH), kann eine Akromegalie die Folge sein, wird vermehrt Prolactin produziert, besteht die Gefahr einer Hyperprolactinämie und handelt es sich um Thyreotropin (TSH), resultiert eine Hyperthyreotropinämie. Gonadotrophe Adenome sezernieren typischerweise keine Hormone im Überschuss und führen daher eher zu einem Hypogonadismus – sie werden meist zufällig als selläre Raumforderung gefunden.
Die Prävalenz von Hypophysenadenomen hat in der vergangenen Zeit zugenommen und beträgt mittlerweile 115 Fälle pro 100.000 Menschen. Als Ursache der Zunahme wird eine verbesserte Diagnostik in Bezug auf Bildgebung und Hormonbestimmung vermutet.
Bei Patient:innen, die jünger als 30 Jahre sind, kommen häufiger aggressivere Formen und GH-sezernierende Adenome vor. Bei Über-60-Jährigen sind es häufiger kleinere GH-Adenome und größere Prolactin-produzierende Tumoren. Bei Frauen kommen eher Mikroadenome (Prolactin und ACTH) und bei Männern öfter Makroadenome (Prolactin) vor.
Neben der Bildgebung, die ja in der Regel bereits diagnostisch wegweisend ist, kommen Laboruntersuchungen einen hohen Stellenwert zu. Bei einem Prolactinom sollte der Serum-Prolactinwert bestimmt werden. Bei Akromegalie wird das Serum-IGF-1 gemessen, aber auch ein oraler Glucosetoleranztest durchgeführt. Beim M. Cushing misst man über 24 Stunden das freie Cortisol im Urin und die Cortisolkonzentration im Speichel (um 24 Uhr). Bei TSH-sezernierenden Adenomen misst man das freie T4 im Serum.
Wie aber geht man bei nicht-sezernierenden Hypophysenadenomen vor? Hat man im Labor alle relevanten Hormontests durchgeführt und waren diese unauffällig, blickt man auf das MRT und unterscheidet zwischen Mikro- oder Makroadenom (< 10 mm bzw. ≥ 10 mm). Bei einem Mikroadenom ohne Kompressions-/Verdrängungsproblematik kann man abwarten und beobachten: Nach einem, zwei und fünf Jahren sollte man den Befund mittels MRT kontrollieren. Bei einem Makroadenom sollte man eine transsphenoidale Resektion in Betracht ziehen.
Man muss aber auch im Hinterkopf behalten, dass es differenzialdiagnostisch im Bereich der sellären oder parasellären Raumforderungen einige Möglichkeiten gibt, z. B. Zyste, Meningeom, Lymphom, Sarkom, Aneurysma, Angiom, Hypophysitis, Amyloidose, bakterielle Infektion (z. B. Syphillis), Metastasen (z. B. Mamma-, Lungen- oder Prostata-CA), ektope Hypophyse oder fibröse Dysplasie. CB
Quelle: Melmed S: Pituitary-tumor endocrinopathies. N Engl J Med 2020; 382: 937-50
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