Zweifel am HbA1c

Praxis-Depesche 6/2019

Welche Werte zählen wirklich?

Das Hämoglobin A1c (HbA1c) gilt als das wichtigste Maß zur Beurteilung des Diabetesstatus. Als Surrogatmarker für die durchschnittliche Blutzuckerkontrolle über die letzten drei Monate sagt er aber wenig über den aktuellen Zustand des Patienten aus. Daher sollte man klassische Parameter wieder stärker gewichten.

Zweifel an der Aussagekraft des HbA1c bestehen schon länger. Zwar war in früheren Studien ein niedriger HbA1c nachweislich assoziiert mit einer Verbesserung in den Endpunkten mikrovaskulärer Erkrankungen, es wurden damit aber keine Verbesserungen bei wirklich patientenrelevanten Endpunkten erreicht wie Blindheit, terminale Nierenerkrankung, neuropathischer Schmerz, Amputation, Schlaganfall und Mortalität.
Ärzten bietet der HbA1c ein effektives Überwachungs- und Frühwarnsystem, mit der man der Entstehung von Komplikationen vorgreifen kann. Fokussiert man sich aber zu sehr nur auf den HbA1c, kann das für den Patienten negative Folgen haben. Denn den Wert um jeden Preis tief zu halten, begünstigt Polypharmazie, den Einsatz von Insulin und dadurch ein erhöhtes Risiko für Hypoglykämien. Ein scheinbar normaler HbA1c-Spiegel erfasst außerdem nicht mögliche Blutzuckerschwankungen. Daher raten die Autoren dazu, stets auch klassische Parameter im Blick zu haben, wie symptomatische Hypo- und Hyperglykämien, Sehverschlechterung, symptomatische Neuropathie oder Ulzera. Mit direkten Blutzuckermessungen kommt man auch Blutzuckerschwankungen auf die Spur. OH
Quelle:

Rodriguez-Gutierrez R: Measuring what matters in diabetes. JAMA Epub Apr 15; doi: 10.1001/ jama.2019.4310

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